Erneut starb ein Geflüchteter in der Nähe von Dunkerque. Wie die Zeitung La voix du Nord berichtet, ist das Opfer „ein junger Migrant in den Zwanzigern“. Er starb am Abend des 14. September 2023 auf der Nationalstraße 225 in der Nähe von Bierne südlich von Dunkerque. Die Straße ist eine wichtige Verbindung von Lille zur Kanalküste. Offenbar wurde der junge Mann in der Nähe der Abfahrt Bierne von einem Auto angefahren. Die gegen 22.10 Uhr herbeigerufene Feuerwehr leitete Notfallmaßnahmen ein, konnte sein Leben jedoch nicht retten. Über das genaue Geschehen und die Identität des jungen Mannes liegen noch keine Angaben vor. [Update: Später wurde bekannt, dass er ein sudanischer Staatsangehöriger namens Jallal war, der in einem Camp von Calais lebte.] Unterdessen wurde ein weiterer Todesfall bekannt, der sich bereits im August in Lille ereignete.
Am 23. August 2023 wurde im Canal de la Deûle in Lille die im Wasser treibende Leiche eines etwa dreißigjährigen Mannes entdeckt. Erst im September konnte anhand eines Schlüsselbundes und Digitalcodes seine Identität geklärt geklärt werden: Demnach handelt es sich um einen sudanischen Bewohner einer Unterkunft in Wambrechies bei Lille. Eine Autopsie ergab, das Ertrinken die Todesursache war und es keine Anzeichen für Gewalteinwirkung gibt. Über die Hintergründe besteht Unklarheit. Die Initiative Calais Migrant Solidarity, die seit Jahren Todesfälle von Exilierten dokumentiert, stellt den Fall in den Kontext der britisch-französischen Grenzpolitik.
Damit setzt sich eine Serie von Todesfällen fort, die seit geraumer Zeit nahezu monatlich gemeldet werden. Die meisten von ihnen stehen in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit einer versuchten Grenzpassage per Lastwagen oder Schlauchboot, andere mit den physischen und psychischen Bedingungen in den nordfranzösischen Camps. Obschon die politische Dimension dieser Tode sehr viel klarer hervortritt als in den beiden aktuellen Fällen, bleiben sie unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle überregionaler Medien: Außerhalb ihres engeren Umfeldes bleiben sie unsichtbar. Gerade dies aber zeigt, wie sehr die Gefährdung von Menschenleben im britisch-französischen Grenzraum inzwischen Normalität ist.