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Calais

Angriff mit dem Auto?

Am Morgen des 12. Juli 2020 wurde junger Migrant iranischer Herkunft in der Innenstadt von Calais mit einem Auto angefahren und verletzt. Der Vorfall ereignete sich wenige Stunden vor dem Besuch des französische Innenministers und seiner britischen Amtskollegin, dem eine Räumungswelle in den Camps vorausgegangen war (siehe hier). Wie inzwischen bekannt wurde, hat die zuständige Staatsanwaltschaft nun Ermittlungen gegen den Fahrer aufgenommen, nachdem sich Hinweise auf ein gezielten Angriff ergeben haben.

Wie die Lokalzeitung La Voix du Nord am 13. Juli meldete, ereignete sich der Vorfall um 6 Uhr morgens in der Nähe der Ibiza-Bar dem Quai du Rhin, einer kleinen Seitenenstraße in der Nähe des Calaiser Bahnhofs. Als der 22jährige Iraner mit Freunden die Straße überquerte, wurde er von einem Auto angefahren und erlitt mehrere Frakturen an Armen und Beinen.

Klar scheint zu sein, dass der Fahrer nicht anhielt, sondern offenbar mit hoher Geschwindigkeit floh. Aufgrund einer Zeugenaussage konnte der Fahrer, ein 21jähriger Einwohner von Calais, ermittelt und festgenommen werden. Ein Bluttest ergab, dass der Mann nicht alkoholisiert war. Er habe den Vorfall zugegeben, doch bestritten, absichtlich gehandelt zu haben. „Einige Zeugen vor Ort bekräftigen jedoch das Gegenteil. Ihnen zufolge sei das Auto zum Opfer ausgeschert“, so die Zeitung in dieser ersten Meldung.

Am 15. Juli ergänzte das Blatt, dass das Geschehen nach einem Zeugenaufruf der Polizei noch ungeklärt sei, jedoch weiter untersucht werde. Die Staatsanwaltschaft in Boulogne-sur-Mer ermittle gegen den Fahrer wegen des Verdachts einer Gewalttat unter Waffeneinsatz (violences avec arme), wobei das Auto die Waffe sei, sowie wegen Fahrerflucht. Ihm sei die Fahrerlaubnis entzogen worden.

Wir werden weiter verfolgen, ob sich der Verdacht eines gezielten Angriffs bestätigt oder nicht.

Angriffe auf Migrant_innen sind in der Vergangenheit wiederholt vorgekommen. Im Zuge der aktuellen Räumungsserie artikulierte sich in Teilen der lokalen Gesellschaft eine aggressive Stimmung. La Voix du Nord zitierte am 15. Juli mehrere Anwohner_innen eines geräumten Camps mit wütenden Aussagen über die Migrant_innen – bis hin zur Gewaltfantasie eines Mannes, er würde auf „den ersten, der zu mir nach Hause kommt“, schießen und dafür ins Gefängnis gehen.