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Calais

Dritter Todesfall in diesem Jahr

[Updated, 12. Mai 2023] Am Nachmittag des 10. Mai 2023 starb in Calais erneut ein Geflüchteter. Lokalen Medien zufolge wurde er auf der Autobahn 216 an der südöstlichen Peripherie der Stadt von einem Lastwagen erfasst und tödlich verletzt. Über die Identität des Mannes ist bekannt, dass es sich um einen etwa dreißigjährigen Exilierten aus dem Sudan handelt.

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Calais Channel crossings & UK

Etwa 3.800 Bootspassagen seit Jahresbeginn

Nachdem im Februar deutlich mehr Geflüchtete den Ärmelkanal in kleinen Booten passiert haben als in den Vorjahresmonaten (siehe hier), lag ihre Zahl im Monat März etwas niedriger: War die Überfahrt bis Ende Februar bereits 3.147 Menschen gelungen, waren es Ende März nach vorläufigen Angaben 3.790. Im Gegensatz zum März des vergangenen Jahres, als punktuell über 400 Menschen in derselben Nacht übersetzten, waren es an günstigen Tagen nun höchstens halb so viele. Der Monat war von anhaltend ungünstiger Witterung geprägt, sodass nur an sieben Tagen überhaupt Boote übersetzten. Hieraus einen Effekt der drakonischen Gesetzesinitiative der britischen Regierung gegen die Bootspassagier_innen abzuleiten, wäre vor diesem Hintergrund verfehlt. Zugleich berichten sowohl die Behörden als auch die Hilfsorganisation Utopia 56 von brennenden Booten an der nordfranzösischen Küste.

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Calais

Antimigrantische Zwecklandschaft wird ausgebaut

Versperrung einer von Exilierten genutzten Fläche in Calais, 1. März 2023 (Video/Tweet: Utopia 56)

Um Geflüchtete aus der Innenstadt von Calais zu verdrängen, ließ die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr rund 600 schwere Steine aufschütten und in einer bestimmten Formation anordnen. So entstand eine bizarre Steinlandschaft beiderseits der historischen Quais, eine radikale antimigrantische Zwecklandschaft im Herzen der Stadt (siehe hier und hier). Am 1. März 2023 wurde die Anlage weiter ausgebaut. Ihr Zweck besteht darin, das Aufstellen von Zelten unmöglich zu machen und zivilgesellschaftliche Versorgungsinfrastrukturen zu blockieren.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Wie eine Leistungsschau repressiver Grenzpolitik

Human Rights Observers dokumentieren einen Höchstwert von über 1.700 Räumungen im Jahr 2022

Verortung von Fällen und Opfern von Polizeigewalt in Frankreich seit 2018. (Screenshot: Violences Policières)

Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Räumungen informeller Lebensorte von Geflüchteten auf einen Höchstwert. Es waren über 1.700 Fälle, davon 96,5 % in Calais und die übrigen in der Umgebung von Dunkerque. Auch die Zahl der beschlagnahmten oder zerstörten Subsistenzgüter und persönlichen Sachen bleibt hoch. Die französische Grenzregion erweist sich damit einmal mehr ein Raum, in dem rechtstaatliche Normen im Vollzug einer restriktiven grenzpolitischen Agenda gebeugt werden. Dies verdeutlicht auch ein Vergleich der nordfranzösischen Grenzregion mit dem übrigen Frankreich.

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Calais

Ein weiterer Suizid in Calais

Erneut ist ein Geflüchteter in Calais gestorben. Er wurde am 3. Januar 2023 auf einem Bahngleis im Süden der Stadt von einem Güterzug erfasst. Wie die zivilgesellschaftliche Organisation Utopia 56 mitteilt, hat der Mann sich „vor den Augen von Freiwilligen der Hilfsorganisationen und seinen Begleitern vor einen Zug geworfen.“ Auch die lokale Zeitung La Voix du Nord spricht von Suizid. Über die Identität des Opfers ist bislang lediglich bekannt, dass der Mann aus dem Sudan gekommen und etwa dreißig bis vierzig Jahre alt sein soll.

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Allgemein

Opfer der Grenzpolitik: Die Todesfälle im Jahr 2022

Wandschrift in Calais, November 2022. (Foto: Th. Müller)

Seit 1999 starben im britisch-kontinentaleuropäischen Grenzraum mehr als 360 Menschen. Sie alle sind direkt oder indirekt Opfer einer Migrationspolitik, die eine sichere und legale Passage der Grenze für sie unmöglich gemacht hat. Keiner dieser Menschen hätte in einer anderen politischen Konstellation sterben müssen. Zivilgesellschaftliche und politische Initiativen sowie das Missing Migrants Projekt der IOM dokumentieren das Geschehen seit Jahren. Auch wir haben über alle Fälle, die uns bekannt geworden sind, berichtet. Fügt man diese Informationen zusammen, so zeigt sich, dass 2022 mindestens neunzehn Migranten ums Leben kamen (die männliche Form trifft zu, denn es waren keine Frauen unter den dokumentierten Fällen). Sie starben in unterschiedlichen Situationen teils auf Land und teils auf See, teils bei versuchten Grenzpassagen, teils durch Suizid oder durch Gewalt, teils im Zusammenhang mit den Lebensbedingungen in einem informellen Camp oder in einer offiziellen Einrichtung. Da mehrere Menschen nach Havarien vermisst werden, muss von weiteren Todesfällen ausgegangen werden.

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Calais

Räumungen trotz Winterfriede auch 2022/23

Rückblick auf die Forderung der Hungerstreikenden im Herbst 2021 und die Praxis der Räumungen ein Jahr später. (Video: Human Rights Observers)

Wie in den vergangenen Jahren, wird die in Frankreich geltende Winterpause für Zwangsräumugen erneut missachtet. Diese gilt landesweit vom 1. November bis zum 31. März und soll verhindern, dass Menschen während der kalten Jahreszeit ihre Wohnung verlieren. Vor einem Jahr hatten Aktivist_innen in der Calaiser Kirche Saint-Pierre mehr als fünf Wochen lang einen Hungerstreik durchgeführt, um u. a. die Einhaltung dieser Regelung durchzusetzen (siehe hier). Ihr Ziel hatten sie trotz landesweiter Aufmerksamkeit nicht erreicht, und insofern verwundert es nicht, dass die Behörden ihre Räumungsroutine zu Beginn des Winters 2022/23 stillschweigend fortführen.

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Channel crossings & UK

Riskante Zeit

Ungefähr 37.000 Menschen haben seit Beginn dieses Jahres den Ärmelkanal in kleinen Booten durchquert. Trotz der sinkenden Temperaturen und der schwieriger werdenden Verhältnisse auf See ist die Zahl der täglichen Überfahrten nach wie vor hoch. Mit dem Beginn der kalten Jahreszeit sind die Passagen jedoch riskanter geworden und die Zahl der Havarien nimmt zu.

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Channel crossings & UK

Ein „normaler“ Anruf, der nicht zur Normalität werden sollte

55 Migrant*innen geraten auf dem Ärmelkanal in Seenot. Das Wasser beginnt in das Boot einzudringen und die betroffenen Personen schicken ihren Aufenthaltsort an ein Team von Utopia56, welches von Land aus versucht Hilfe zu koordinieren. Solche Anrufe gehören nicht nur zur Realität von Nichtregierungsorganisationen (NGO), die sich in der Region um Calais engagieren, sondern werden mit den steigenden Überfahrten zunehmend alltäglich. Dabei kompensiert die elementare Arbeit dieser NGOs oft für staatliche Passivität und Gleichgültigkeit.

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Calais

Über 1.700 Räumungen in diesem Jahr?

Prognose von Human Rights Observers zur Entwicklung der Räumungen in Calais bis zum Jahresende 2022. (Quelle: HRO)

Bereits jetzt haben in Calais und Umgebung im laufenden Jahr mehr Räumungen informeller Lebensorte stattgefunden als je zuvor (siehe hier und hier). Bis zum Jahresende könnte ihre Zahl auf über 1.700 ansteigen; sie würde dann um 42 % höher liegen als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Prognose von Human Rights Observers (HRO).