Gemeinsame Erklärung von sieben Calaiser Organisationen.
Übersetzung aus Passeurs d’hospitalités.
Eine Woche nach dem Besuch von Claire Hédon, der französischen Défenseure des droits und drei Tage nach der Demonstration für die Rechte der exilierten Menschen (siehe hier) hat am „Hospital Jungle“ ohne offizielle rechtliche Grundlage eine Räumung im großen Stil stattgefunden. In Calais scheint zu gelten, dass Dreistigkeit siegt.
Das „Hôpital“, eine bewaldete Brachfläche, auf der fast 800 Menschen unterschiedlicher Nationalität (über)leben, stellte den aktuell größten Jungle in Calais dar und wurde am 29. September in der Frühe geräumt.
Der Präfekt spricht unter dem Vorwand, Personen unterzubringen, von der „wichtigsten“ Räumung seit dem großen Jungle 2016. Wie kann man von Unterbringung sprechen, wo sie doch erzwungen, gewalttätig und ineffizient ist?
Tatsächlich ist die von den Behörden verfolgte politische Strategie der verbrannten Erde und der Schikanierung der Bewohner gescheitert.
Vier Jahre nach dem „großen Dschungel“ ist die Situation in Calais unverändert, wenn nicht sogar schlechter. Ab 5:30 Uhr erreichen das Gelände des Camps eine Armada von Sicherheitskräften (Gendarmerie, CRS, Police nationale, Grenzpolizei, Erkennungsdienst usw.) und fast dreißig Busse mit einer Kapazität von 900 Sitzplätzen, die später in die „Unterbringungs“-Zentren fahren sollen. Dies ist ein Aufwand von beispiellosem Ausmaß. Während der Räumung am 21. August 2020 wurden beispielsweise vier Busse gechartert.
Die exilierten Menschen werden umzingelt, vom Gelände eskortiert, müssen sich aufreihen und werden von der Polizei mit Blitzlicht geblendet. Außerdem setzt die Polizei gegen einige Menschen im Wald Tränengas ein.
Fast 340 [Presseberichte sprechen von 650 Personen. Anm. des Übers.] Menschen werden brutal in die Busse gebracht, deren Ziel sie nicht kennen, und das sich irgendwo in Frankreich befinden könnte, zu ohnehin ungeeigneten Unterkunftszentren. Andere werden in Abschiebehaft genommen.
Mindestens 22 Personen, darunter 5 Minderjährige, werden festgenommen. Auch letztere bleiben von Operation nicht verschont.
Rechtlich gesehen wurde die Räumung von den Strafverfolgungsbehörden mit Ermittlungen begründet, in deren Rahmen zwar Beweise sichergestellt werden dürfen, die aber keinesfalls eine Räumung gestatten. Wenn diese Räumung auf der Grundlage eines beantragten Beschlusses stattgefunden hätte, hätte dieser Beschluss zwingend öffentlich bekanntgemacht werden müssen, andernfalls ist die Räumung schlicht und einfach illegal. Wenn diese Räumung auf einem Evakuierungsbefehl der Präfektur basiert, ist dieser auch nicht veröffentlicht worden.
Der Präfekt handelte daher illegal und überraschend, was die Exilierten daran hinderte, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen und „sich selbst zu räumen“, wie dies bei früheren Räumungen in diesem Sommer der Fall war (siehe Evakuierungen aus den Camps Bois Dubrulle und l’Hôpital).
Das Fehlen einer öffentlich bekannt gemachten Rechtsgrundlage beraubt die Einwohner des Geländes ihres Rechts, sich an einen Richter zu wenden, um ihre Räumung anzufechten.
Die Polizei zerstörte die Zeltstangen und die wenigen verbleibenden Gegenstände wurden in einen Müllcontainer gebracht oder in einem feuchten Container aufbewahrt. Die Organisationen wollten den Ablauf der Räumung beobachten, wurden jedoch aus dem von der Polizei abgesperrten Bereich gedrängt, während die von der Präfektur kontaktierten Journalisten zum Betreten eingeladen wurden.
Um 12:30 Uhr war die Räumung noch nicht abgeschlossen. Zur gleichen Zeit fand jedoch eine neue Räumung an einem anderen Aufenthaltsort von Exilierten statt, „BMX“, weit entfernt von dem von der Polizei nach eigenem Ermessen bestimmten Umkreis. Exilierte Menschen werden misshandelt und mit Tränengas attackiert, es finden Übergriffe auf Freiwillige statt. Die Mehrheit der Bewohner des Geländes weigert sich, in die Busse zu steigen. Alle ihre Unterkünfte, Zelte und Schlafsäcke wurden jedoch beschlagnahmt.
Um 14.40 Uhr endet die Räumung.
Innerhalb von neun Stunden wurden mehr als 800 Menschen vertrieben, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, ihre Rechte geltend zu machen.
Unterzeichnerorganisationen:
La Cabane Juridique
Human Rights Observers
First Aid Support Team
Collective Aid
Terre d’Errance
Project Play
Refugee Youth Service
Pressekontakte:
Liza, Menschenrechtsbeobachterin: 06 52 82 82 65
Margot, La Cabane Juridique: 06 67 54 12 95