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Calais

Gericht erlaubt Räumungen unter den Brücken

Zelte unter einer Brücke in der Calaiser Innenstadt. (Foto: Human Rights Observers)

Infolge der diversen Räumungen des vergangenen halben Jahres leben zahlreiche Geflüchtete unter den Brücken an den historischen Quais in der Innenstadt von Calais. Bereits in früheren Jahren hatten sich dort kleine Camps gebildet, und zur Politik der konservativen Bürgermeisterin gehörte es stets, sie aus dem Zentrum des urbanen Raums in die Randzonen der Stadt zu verdrängen. Am gestrigen 24. Dezember 2020 hat das Verwaltungsgericht Lille nun Räumungen unter den Brücken genehmigt.

Lokale Initiativen hatten während der vergangenen Wochen beobachtet, dass die Menschen unter den Brücken nicht in gleicher Weise von Räumungen betroffen waren wie die Bewohner_innen der Camps in der Peripherie. In der vergangenen Woche zeichnete sich nun ab, dass sich dies ändern werde. Der Versuch, dies durch eine einstweilige Verfügung zu verhindern, ist mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts nun gescheitert.

Wie die Lokalzeitung La voix du Nord berichtet, begründete das Gericht seine Entscheidung mit den schlechten Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen für die Bewohner_innen der rund 80 Zelte sowie mit Gefahren für die öffentliche Ordnung. Das Gericht verwies auf die im November etablierten humanitären Maßnahmen der Regierung, die eine sichere Unterbringung, Versorgung, medizinische Hilfe und Fürsorge für Minderjährige gewährleisten würden. Solche humanitären Programme sind in Calais traditionell unterdimensioniert und in eine repressive Strategie eingebettet. Im Kern umfassen sie die zumeist erzwungene Unterbringung in entfernten Zentren im Rahmen größerer Räumungsoperationen und die Mandatierung der Organisationen La vie active etwa mit der Verteilteilung von Nahrung, während ähnliche Hilfen unabhängiger Akteure in der Innenstadt und in anderen Teilen der Stadt im September verboten wurden.

Elf in der lokalen Flüchtlingshilfe engagierte Organisationen erklärten hierzu: „Während Calais leuchtet und seinen Bürger_innen die Möglichkeit bietet, die Festtage zu feiern, wird es keinen Weihnachtsfrieden für mehrere hundert Exilierte geben, die unter den Brücken der Stadt leben.“ Angesichts der heftigen Räumungen der vergangenen Monate seien die Menschen gezwungen, „unter Brücken Zuflucht zu suchen“, wo die Lebensbedingungen in der Tat „unwürdig“ seien. „Wir wissen aber, dass keine Zwangsräumungen, Zäune, Abholzungen oder erzwungenen Maßnahmen die Würde wiederherstellen können.“

Für die folgenden Tage und Wochen ist nun mit verstärktem Druck auf die Menschen unter den Brücken zu rechnen, und sollten sie nicht von dort weichen: mit einer neuen Welle von Räumungen.