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Calais

„Kampf um Plätze“ (2)

Unter diesem Titel, der einem Statement der lokalen Geflüchtetenhilfe entnommen ist, berichteten wir vor einigen Tagen über den zunehmenden Druck auf Exilierten im Bereich des Fort Nieulay im Westen von Calais (siehe hier). Nach einer größeren Räumungsoperation am 13. November waren dort zunächst Gehölze gerodet worden, in deren Schutz die Exilierten ihre Zelte errichten konnten (siene hier). Am 17. Dezember ließ die Stadtverwaltung sodann einen Platz, an dem verschiedene unabhängige Organisationen Essen ausgaben und andere Hilfen anboten, durch eine Barriere aus schweren Steinen unbefahrbar machen (siehe hier). Seit dem 21. Dezember 2020 ist nun eine weitere Maßnahme hinzugekommen, in deren Zentrum die staatlich mandatierte Hilfsorganisation La vie active steht: Auf Bitte der Präfektur stellte die Organisation die Verteilung von Wasser und Mahlzeiten in diesem Gebiet ein.

Weihnachten in Calais (im Bereich des Fort Nieulay). (Foto: Auberge des Migrants)

Wie die unabhängige Auberge des Migrants auf Facebook mitteilte, werde den Exilierten durch die Nichttätigkeit von La vie avtive auch der Zugang zu den per Shuttle erreichbaren Duschen verwehrt; außerdem bestünden auf dem Gelände keine Sanitäranlagen. In der gleichen Mitteilung heißt es, dass die unabhängigen Organisationen inzwischen die „Verteilung von Wasser“ wieder aufgenommen haben, „zusätzlich zu warmen Mahlzeiten, Kleidung, Säcken mit Lebensmitteln und Holz zum Heizen“.

Bekanntlich ist La vie active diejenige Organisation, die seit dem Verbot nichtstaatlicher Nahrungsverteilungen, das am 11. September 2020 von der Präfektur für bestimmte Teile der Stadt (nicht aber für das Gebiet bei Fort Nieulay) erlassen wurde (siehe hier), weiterhin tätig sein darf. In politischen und juristischen Statements schreiben die staatlichen Behörden ihr seitdem die Rolle eines Garanten humanitärer Leistungen in Calais zu, zuletzt im Rahmen eines Verwaltungsrechtsstreits am 23./24. Dezember um die drohende Räumung weiterer Camps in der Innenstadt von Calais (siehe hier). Der aktuelle Fall macht die instrumentelle Funktion eines solchen, in eine repressive Strategie eingebetteten, Humanitarismus einmal mehr sichtbar.