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Calais

Räumung bei Coquelles

Coquelles ist eine kleine Landgemeinde westlich von Calais, deren Gebiet zu weiten Teilen von den Betriebsanlagen des Kanaltunnels und den zugehörigen Verkehrsinfrastrukturen in Anspruch genommen wird. Infolge der Räumungswellen in Calais im Sommer dieses Jahres siedelte ein Teil der Migrant_innen dorthin über. Im Schatten der zahlreichen Bootspassagen über den Ärmelkanal mehren sich die Versuche, dort ein Versteck in einem Lastwagen mit dem Ziel Großbritannien zu finden. Am 13. November 2020 fand nun nahe der Gemeindegrenze Calais‘ zu Coquelle eine groß angelegte Räumung statt. Es war die erste Operation dieser Größenordnung seit dem Beginn des zweiten Confinement (siehe hier).

Rodungsarbeiten im Anschluss an die Räumung im Fort Nieulay. (Foto: L’Auberge des Migrants, 17.11.2020)

Einen Eindruck von Umfang und Verlauf dieser Räumung, die im Bereich des Fort Nieulay, einer der zahlreichen historischen Festungsanlagen rund um Calais, stattfand und ähnlichen Operationen der vergangenen Monaten ähnelt, vermitteln einige Zahlen. Nach Beobachtungen der Initiative Human Rights Observers waren im Einsatz: 31 Vans verschiedener Polizeieinheiten (CRS, Police Nationale, Grenzpolizei PAF, Gendarmerie), ein CRS-Truck, fünf Busse und verschiedene weitere Fahrzeuge. Während der Operation, die von etwa 7:50 bis 9:20 Uhr andauerte, wurden mindestens 100 Zelte beschlagnahmt (was bedeutet: als Müll entsorgt) und mindestens 70 Personen in Aufnahmezentren transportiert, wobei, so die Human Rights Obersvers, starke starke Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dies unter Zwang geschah.

Im Anschluss führten die Behörden zwei kleinere Operationen in Calais durch, so zunächst zwischen 10:00 und 10:15 Uhr im Unicorn Jungle, aus dem 51 Personen in drei Bussen abtransportiert wurden. Bei dieser Aktion waren die genannten Polizeieinheiten nicht präsent, sondern lediglich Vertreter der Präfektur und der Organisation Audasse. Zehn Minuten später wiederholte sich dies im Calypso Camp in der Nähe der gleichnamigen Sporthalle, von wo mindestens sieben, vermutlich aber deutlich mehr, Personen in einem Bus weggebracht wurden. In diesem Fall, so habe einer der Exilierten berichtet, habe es den Bewohner_innen des Camps frei gestanden, ob sie gehen oder bleiben wollten.