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Calais

Festnahme zweier Menschenrechts-Aktivisten

Zwei britische Freiwillige der Human Rights Observers (HRO) wurden festgenommen, als sie am 17. November 2023 in Calais einen Polizeieinsatz dokumentierten. Die Polizei macht sich dabei den Umstand zunutze, dass britische Staatsangehörige nach dem Brexit nicht mehr automatisch Reisefreiheit in der EU genießen. Allerdings erklärt die Menschenrechtsorganisation, dass die Papiere der Betroffenen in Ordnung waren – und fürchtet einen Präzedenzfall.

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Calais

Über 1.700 Räumungen in diesem Jahr?

Prognose von Human Rights Observers zur Entwicklung der Räumungen in Calais bis zum Jahresende 2022. (Quelle: Human Rights Observers)

Bereits jetzt haben in Calais und Umgebung im laufenden Jahr mehr Räumungen informeller Lebensorte stattgefunden als je zuvor (siehe hier und hier). Bis zum Jahresende könnte ihre Zahl auf über 1.700 ansteigen; sie würde dann um 42 % höher liegen als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Prognose von Human Rights Observers (HRO).

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Calais

Polizeigewalt in Calais

In der Nacht vom 22. auf den 23. August kam es in Calais zu einem Vorfall von mutmaßlicher Polizeigewalt, in dessen Verlauf zwei 18jährige Eritreer von Beamten der Compagnie Républicaine de Securité (CRS) misshandelt und hilflos zurückgelassen wurden. Polizeigewalt gegenüber Exilierten ist in Calais nicht selten; das besondere an dem genannten Vorfall ist die spätere Meldung eines anonymen Zeugen – nach eigenen Angaben selbst Angehöriger der CRS.

Wir dokumentieren im folgenden die Erklärung der Organisation Utopia 56 vom 8. September 2022 zu dem Vorfall in eigener Übersetzung.

Nach Presseberichten hat die Staatsanwaltschaft von Boulogne-sur-Mer inzwischen Ermittlungen aufgenommen und die in Frankreich für die Aufklärung von durch Polizist_innen begangene Straftaten zuständige Inspection générale de la Police nationale (IGPN) mit der Untersuchung des Vorfalls beauftragt.

Screenshot aus der Pressemitteilung von Utopia56 (Foto: Utopia 56)
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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Über 600 Räumungen seit Jahresbeginn

Räumung bei Dunkerque. (Foto: Human Rights Observers)

Im Gebiet von Calais und Dunkerque haben seit Jahresbeginn mehr als 600 Räumungen informeller Lebensorte von Exilierten stattgefunden. Während die Polizeioperationen in Calais weiterhin in großer Zahl und enger zeitliche Taktung durchgeführt werden, finden sie in Grande-Synthe und anderen Randbereichen von Dunkerque seltener, dafür aber sehr viel massiver statt. Die kontinuierliche Beobachtung durch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Observers (HRO) zeigt Kontinuitäten und Veränderungen dieser grenzpolitischen Praxis, vor allem aber dokumentieren sie den anhaltenden menschenrechtlichen Erosionsprozess an der französischen Kanalküste. Gleichzeitig versucht HRO, diese Zustände mit rechtlichen Mitteln anzugreifen.

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Calais

Permanent in flagranti: Räumungen im Winter

Protest von dem Rathaus von Calais. (Foto/Grafik: Faim aux frontières)

Zweiunddreißig Tage lang protestierten abwechselnd rund 50 Menschen vor dem Rathaus von Calais, um die Forderungen sichtbar zu machen, die bereits während des Hungerstreiks in der Kirche Saint-Pierre im Oktober und November 2021 aufgestellt worden waren (siehe hier). Im Kern ging und geht es um ein Ende der permanenten Räumungen zumindest während des Winters, um ein Ende der massiven Beschlagnahmungen und um repressionsfreie Arbeitsbedingungen für die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die einen Großteil der elementaren Versorgung der Camps leisten. Der Protest vor dem Rathaus stand in der Nachfolge des Hungerstreiks und wird, wie das Kollektiv Faim aux frontières mitteilte, nicht die letzte politische Intervention bleiben. Allerdings hat der Protest nicht zu einer Revision der Zermürbungstaktik gegenüber den Exilierten geführt. Die dokumentarische Arbeit der Human Rights Observers (HRO) in diesem Winter zeigt, dass elementare Recht auf ein menschenwürdiges Leben, insbesondere auf Wohnung und Eigentum, weiterhin massiv und systematisch verletzt werden.

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Calais

Urteil im Fall Ciotkowski

Ausschnitt aus dem Video, das zur Verurteilung des CRS-Polizisten führte (Quelle: Amnesty International)

Tom Ciotkowski aus dem britischen Stratford-upon-Avon war am 31. Juli 2018 als Freiwilliger in Calais tätig, als er Opfer ein Polizeiübergriffs wurde. Zunächst selbst angeklagt, stellte sich bei seinem Strafprozess am 22. Juni 2019 heraus, dass die Anklage auf Falschaussagen von drei CRS-Beamten beruhte. Videoaufnahmen zeigten nämlich, wie er selbst von einem Polizisten über die Leitplanke einer Autobahnauffahrt gestoßen wird und auf die Fahrbahn fällt, wo gerade ein Lastwagen entlang fährt. Im vergangenen Jahr begann dann das Strafverfahren gegen die Polizisten (siehe hier), in dem das zuständige Gericht in Boulogne-sur-Mer nun sein Urteil verkündet hat: 18 Monate Haft auf Bewährung und ein zweijähriges Berufsverbot für den hauptverantwortlichen CRS-Oberbrigardier Laurent M.

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Channel crossings & UK

828 Überfahrten an einem Tag

Noch nie haben so viele Bootspassagier_innen den Ärmelkanal an einem Tag durchquert wie am 21. August 2021. Bei günstigem Wetter setzten, so BBC, 30 Boote mit insgesamt 828 Personen über. Die Zahl derjenigen, die seit Jahresbeginn auf diese Weise nach Großbritannien eingereist sind, stieg damit auf etwa 12.500 Personen.

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Channel crossings & UK

Hochsaison der Bootspassagen

Auf einer Sandbank bei Dunkerque gestandete Migrant_innen, 12. Juli 2021. (Foto: Préfecture maritime de la Manche et de la mer du Nord / Twitter)

Die Überquerung des Ärmelkanals in kleinen Booten hat sich als bevorzugte Migrationsroute von der nordfranzösischen zur englischen Küste weiter etabliert: Seit Jahresbeginn haben bereits mehr Exilierte Großbritannien auf diese Weise erreicht als im gesamten Jahr 2020. Bis zum Ende des Jahres könnten ihre Zahl auf etwa 22.000 ansteigen. Erneut stehen die Channel crossings im Zentrum einer von konservativen Akteur_innen befeuerten innenpolitischen Debatte in Großbritannien, und immer neue Maßnahmen sollen die Kanalroute schließen. Über ein neues zwischenstaatliches Abkommen haben wir in unserem vorigen Beitrag bereits berichtet. Im neuralgischen Küstenabschnitt um Calais hat inzwischen eine nautische Einheit der CRS ihre Arbeit aufgenommen und der Verkauf von Kraftstoff für Boote wurde polizeilich verboten. Der französische Innenminister Gérald Darmanin brachte bei einem Calais-Besuch den Einsatz von Frontex ins Spiel und eine weitere britisch-französische Vereinbarung verstärkt das Grenzregime in sicherheitspolitischen Fragen. Gleichwohl zeichnet sich ein Scheitern des konservativen Projekts ab, die Migration über die Kanalroute durch eines der restriktivsten Asylgesetze Europas aufhalten zu wollen.

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Calais

Serie massiver Räumungen: Calais

Die Räumung des Unicorn und andere Narrative der Gewalt

Projektile (CS-Gas, einzelne Gummigeschosse) nach einer Auseinandersetzung zwischen Exilierten und der Polizei am 2. Juni. (Foto: Human Rights Observers)

Parallel zur Räumungsserie in Grande-Synthe (siehe hier) wurde in Calais das Camp Unicorn im Stadtteil Virval geräumt, das sich zuletzt zum Lebensort für rund 600 Menschen entwickelt hatte. Die Räumung fand in einer Phase statt, in der eine in ihrem Ausmaß bislang beispiellose Beschlagnahme von Zelten die Lebensbedingungen weiter verschlechtert hat. Zeitlich überschnitt sie sich außerdem mit zwei Ereignissen, bei denen es zu Gewalt zwischen Exilierten sowie mit der Polizei kam. In der öffentlichen Wahrnehmung verschmolzen diese Situationen zu einer Gewalterzählung, die die Räumung – fälschlicherweise – als Reaktion auf Gewalt erscheinen ließ. Anders als die meisten anderen Räumungen stieß sie dadurch auch auf überregionale mediale und politische Aufmerksamkeit. Es gilt also, den Ereigniskomplex zu entwirren.

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Calais

Ermittlungen zum CRS-Einsatz mit Schwerverletztem

Die französische Polizei hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Boulogne-sur-Mer interne Ermittlungen wegen des Einsatzes von Gummigeschossen durch die Polizeieinheit CRS am 11. November 2020 eingeleitet; durchgeführt werden die Ermittlungen von der zuständigen Generalinspektion der Nationalpolizei IGPN (Inspection générale de la police nationale). Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch die am 18. Januar erstatte Anzeige eines 45jährigen Eritreers, der während des Polizeieinsatzes an einem Camp in Calais schwer verletzt worden war (siehe hier). Er hatte unter anderem Knochenbrüche des Gesichts, der Augenhöhlen und der Zähne erlitten und hat sich aufgrund der Verletzungen rund zwei Monate in stationärer Behandlung befunden.