Bei einer versuchten Bootspassage nach Großbritannien verloren am heutigen 30. Oktober 2024 mindestens vier Menschen das Leben. Einer von ihnen starb während einer Bergungsaktion, die Leichen der anderen anderen wurden im Verlauf des Tages an den Strand gespült. Damit setzt sich ein Muster von Todesfällen fort, die sich momentan wöchentlich in sehr ähnlicher Form ereignen. Schauplatz der aktuellen Todesfälle war das Küstengebiet südlich von Boulogne-sur-Mer.
Die Seepräfektur teilt mit, dass die Leitstelle CROSS Gris-Nez am frühen Morgen darüber informiert wurde, dass zwischen Hardelot und Équihen-Plage eine Menschengruppe beim Ablegen eines Schlauchboots in Schwierigkeiten geraten sei. Daraufhin seien ein Rettungsboot und ein Hubschrauber mobilisiert worden. „Als der Hubschrauber vor Ort war, entdeckte er etwa 15 Personen, die sich im Wasser in der Nähe des Strandes in Schwierigkeiten befanden.“ Sie seien „mit dem Hubschrauber zum Strand geflogen“ und dort von der Feuerwehr, dem Rettungsdienst des Departements und der Gendarmerie versorgt worden. Der Zeitung La voix du Nord zufolge stieg die Zahl der Geretteten später auf etwa 80 Personen.
Offenbar ereignete sich das Unglück bei einem Ablegemanöver. „Heute Morgen spielten sich an der Küste surreale und dramatische Szenen ab, da es an der gesamten Küste zu zahlreichen Abfahrten kam. Sobald es ein günstiges Wetterfenster gibt, stürzen sich Hunderte von Exilierten ins Wasser und sind bereit, jedes Risiko einzugehen“, schrieb die in Boulogne-sur-Mer ansässige Initiative Osmose 62. Die im Küstengebiet ebenfalls aktive NGO Utopia 56 berichtet, „etwa 40 Personen, darunter auch Kinder“, hätten vergeblich versucht, in ein Schlauchboot zu steigen. „Sie standen bis zu den Schultern im Wasser und mussten zum Strand schwimmen. Mehrere Personen sind unterkühlt, darunter auch Gendarmen, die den Schiffbrüchigen aus dem Wasser geholfen haben.“
Utopia 56 spricht von einer chaotischen Situation und überforderten Rettungskräften. Die Feuerwehr habe sich „nicht um alle kümmern“ können. „Anwohner und Vereine kamen mit heißem Kaffee und Decken. Das reicht nicht aus. Die Rettungskräfte versuchten, Personen am Strand wiederzubeleben. Sieben Personen wurden ins Krankenhaus gebracht. Ein Vater verstarb.“ Die Seepräfektur spricht davon, dass die Person trotz Versorgung durch die Rettungskräfte „für tot erklärt“ wurde.
Laut La voix du Nord handelt es sich bei dem Toten um einen 28jährigen irakischen Staatsangehörigen; er sei an Herz-Kreislauf-Stillstand gestorben.
Am Nachmittag desselben Tages wurden, so berichtet die Zeitung weiter, im selben Küstengebiet zwei weitere Leichen von Exilierten entdeckt. „Eine Person befand sich etwa 100 Meter von der Rettungsstation entfernt, während die andere Person am Strand von Écault lag. Es wurde ein Sicherheitsperimeter eingerichtet, damit die Leichen weggebracht werden konnten.“ Am späten Nacmittag folgte der Fund eines weiteren Leichnams am Strand von Saint-Étienne-au-Mont.
Über die Identität und die Todesumstände dieser drei Personen wurden bislang lediglich bekannt, dass es sich um Männer handelt.
„Die Freiwilligen sind schockiert angesichts all dieser absoluten Notfälle […] Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Angehörigen des verstorbenen jungen Mannes“, schreibt Osmose 62, die einen wesentlichen Teil der Nothilfe für die Überlebenden leistete, vor dem Bekanntwerden der weiteren Leichenfunde. „Dieser Wahnsinn muss aufhören. Er verhindert weder Überfahrten noch rettet er Leben, wie er glauben machen will“, kommentiert Utopia 56 mit Blick auf die Grenzpolitik der Regierungen in London und Paris.