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Ein Leichenfund, aber keine Serie von Todesfällen

Anders als in den vergangenen Jahren, kam es in den Herbstmonaten Oktober und November nicht zu einer erneuten Häufung von Todesfällen. Starben im gleichen Zeitraum der vergangenen Jahre neun (2023) bzw. 25 Menschen (2024), wurde in diesem Jahr einmal der Fund einer Leiche gemeldet. Allerdings lag auch die Zahl der Bootspassagen unter dem Durchschnitt.

Wie der französische Sender Delta FM meldete, fanden Bedienstete des Syndicat intercommunal des Dunes de Flandre am 25. November 2025 am Strand bei Leffrinckoucke östlich von Dunkerque eine Leiche. Der Körper habe sich bereits in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung befunden und lag vermutlich mehrere Wochen im Wasser. In der berechtigten Annahme, dass es sich um einen weiteren Todesfall im Zusammenhang mit den Bootspassagen handelt, versammelten sich zivilgesellschaftliche Gruppen am folgenden Tag in Calais zu einem Gedenken.

Ein Jahr zuvor waren zeitweise täglich Leichenfunde an den Stränden und in küstennahen Gewässern gemeldet worden. Zuvor, am 23. Oktober 2024, hatte sich die zweitschlimmste Havarie eines Schlauchboots im Ärmelkanal ereignet. Waren zunächst drei Tote gemeldet worden, stellte sich bald heraus, dass die Zahl der Opfer wesentlich höher lag. „Bis heute konnten sieben Personen identifiziert und beigesetzt oder in ihre Heimat überführt werden, darunter die drei Leichen, die noch am selben Tag gefunden wurden“, resumiert die NGO Utopia 56 am ersten Jahrestag: „Neun Leichen sind noch immer nicht offiziell identifiziert. Und neun Familien suchen weiterhin nach ihren Angehörigen.“ Auch die Havarie mit den bislang meisten Todesopfern ereignete sich 2021 an einem Novembertag. Neben solchen Katastrophen häuften sich in den Herbstmonaten jedoch vor allem Ereignisse mit einzelnen oder wenigen Todesopfern. Erst im September 2025 verloren insgesamt zehn Menschen das Leben, und auch wir deuteten dies als den Beginn einer katastrophalen Entwicklung analog zu den Vorjahren.

Dass es bislang anders kam, ist hoffentlich Ausdruck eines Trends, vielleicht aber auch nur ein glücklicher Zufall.

Jedenfalls gab es in den Monaten Oktober und November lange Perioden, in denen witterungsbedingt keine Bootspassagen stattfanden. So registrierten die britischen Behörden zwischen dem 15. Oktober und 5. November sowie vom 15. November bis in den Dezember hinein keine Ankünfte von Schlauchbooten. Insgesamt erreichten im Oktober 44 Schlauchboote mit 2.867 Passagier_innen und im November 33 Boote mit 2.338 Menschen britische Gewässer. Insgesamt waren es seit Jahresbeginn 636 Boote mit 39.292 Personen. Hatte sich in der ersten Jahreshälfte noch abgezeichnet, dass das Jahr 2025 dasjenige mit den meisten Bootspassagen seit der Etablierung der Kanalroute werden könnte, liegen die Zahlen im Oktober und November unter dem Jahresdurchschnitt. Sobald sich ein Wetterfenster für neue Passagen auftut, dürften jedoch die Zahlen und mit ihnen die Risiken erneut zunehmen.