In mehreren deutschen Städten fanden am 4. Dezember 2024 Festnahmen und Razzien statt, die sich gegen kommerzielle Schleusungen über den Ärmelkanal richteten. Wie bereits in früheren Fällen, waren die Maßnahmen von mehreren europäischen Staaten unter dem Dach der europäischen Polizeibehörde Europol vorbereitet worden. Wenn sich die Innenminister_innen Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Belgiens und der Niederlande am 10. Dezember im Rahmen der sogenannten Calais Group treffen, um ihren Umgang mit den Bootspassagen zu beraten, werden die Razzien wohl als wichtiger Erfolg gewürdigt werden. Ihr reale Einfluss auf das Geschehen am Kanal dürfte sich indes in Grenzen halten. Allerdings könnte ein anderer Beschaffungsweg für Schlauchboote in den Fokus rücken, der aufgrund einer Regelungslücke im deutschen Strafrecht bislang legal ist.
Schlagwort: Eurojust
Die niederländische Polizei verhaftete am 13. November 2024 am Amsterdamer Flughafen einen türkischen Staatsangehörigen, der Boote und Bootsmotoren in die EU importiert und an Schleuser geliefert haben soll. Festnahmen mutmaßlicher Schleuser_innen sind nicht ungewöhnlich, allerdings ist der Fall ein gutes Beispiel für die wachsende Bedeutung multinationaler Ermittlungen im Hinterland der Grenze. Auch Deutschland dürfte erneut in den Fokus rücken.
Teil 1: Calais Group
Das britische Grenzregime basiert auf bi- und multilateralen Abkommen mit Frankreich und weiteren Anrainerstaaten von Ärmelkanal und Nordsee. Hinzu kommen geografisch entfernte Staaten, denen bestimmte Funktionen bei der Vorfeldbekämpfung der Migration (Türkei) oder der Aufnahme abgewiesener Migrant_innen (Ruanda) zufallen sollen. Mit der EU besteht bislang keine migrationspolitische Rahmenvereinbarung, was aber nicht bedeutet, dass europäische Grenz-, Polizei- und Justizbehörden nicht auf anderer Ebene eingebunden wären. Auch Deutschland ist Teil dieser Strukturen. Aber worin genau besteht der deutsche Anteil am britischen Grenregime? Wir möchten dieser Frage in einer lockeren Folge von Beiträgen nachgehen. Am Anfang steht die Calais Group, ein 2021 geschaffener Rahmen für bereits bestehende und wohl auch für künftige Vorhaben.
Räumungen in Calais, Razzien im Hinterland – was in diesen Tagen noch geschah, und welche Auswirkungen dies auf die Lage am Kanal haben könnte.
“Keine Parkplatz-Leute”
Der Tod von 39 Vietnamesen in einem Kühlcontainer letzten Herbst brachte einen meist verborgenen Teil der Transitmigration über den Ärmelkanal in den Fokus. Er hat eigene Infrastruktur, Netzwerke und Routen, und die Wege derer, die darauf unterwegs sind, überschneiden sich kaum mit den gängigen. Die jüngsten Festnahmen in Belgien, Frankreich und Deutschland werfen einen Blick darauf.