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von Philippe Wannesson (Übersetzung: Bettina Henn)
Die Migrant_innen befanden sich in einer Situation dreifacher Verwundbarkeit anlässlich der möglicherweise ersten Welle der Corona-Epidemie: Verwundbarkeit aufgrund ihrer Situation, Verwundbarkeit aufgrund der inkohärenten Maßnahmen des Staates angesichts der Epidemie, Verwundbarkeit aufgrund des offenbaren Willens des Staates nichts oder nur ein Minimum zu verändern und aufgrund der Politik der Abschreckung ihnen gegenüber. Als diese Politik in Angriff genommen wurde, war es der Justiz möglich, widersprüchliche Urteile zu fällen. Um die Situation noch komplizierter zu machen, konnten die ergriffenen Maßnahmen von einer Präfektur zur andern noch variieren. Betrachten wir stellvertretend einige typische Situationen.
Die Camps: Millionen von Migrant_innen leben in Frankreich auf der Straße. Das ist die Folge der restriktiven Finanzpolitik, die zum Fehlen von Grundrechten führt, was die Beherbergung der Obdachlosen anbetrifft, und der Politik, die im Besonderen auf die Abschreckung der Migrant_innen abzielt durch eine Menge von Hindernissen beim Zugang zu Grundrechten und durch die ungenügenden Aufnahme-/Empfangsanlagen. Zur sowieso schon erniedrigenden materiellen und sanitären Situation in den Camps ist nun die Corona- Epidemie hinzugekommen: die Unmöglichkeit der Einhaltung von Abstandsregeln, die Schwierigkeit, sich zu waschen, wenig oder kaum Zugang zu Masken und Desinfektionsmitteln in der allgemeinen Mangelsituation.
In der Konsequenz einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge hätten die Behörden sich dieser Bewohner_innen annehmen müssen, um zu verhindern, dass sich das Virus ausbreitet, wenn der Rest der Bewohner_innen in Quarantäne ist, und sich danach unter diesen verbreitet. Das ist nicht der Fall gewesen. Man konnte sehen, dass die Dinge in ihrem Zustand belassen wurden, eventuell ergänzt durch minimale hygienische und sanitäre Maßnahmen, die oft durch Gerichte auferlegt wurden oder erst durch den Druck von Organisationen durchgeführt wurden: Evakuierungen ohne Rückkehrmöglichkeit; Evakuierung in mehr oder weniger dauerhafte Unterbringungen, manchmal an Orten, die keine Einhaltung der Abstandsregeln erlaubten und noch weniger eine Quarantäne, wie in den Turnhallen. Und das alles in einer Situation mit einem Mangel an Tests, in der es nicht möglich war infizierte Personen zu identifizieren und sie zu isolieren, um die Ansteckung von anderen zu verhindern.
Die Zentren der Abschiebehaft: Als die Grenzen geschlossen wurden und der Flugbetrieb eingestellt wurde, hätten die Abschiebezentren schließen müssen, da das in Haft nehmen juristisch als die letzte Maßnahme definiert ist angesichts einer anders nicht mehr möglichen Ausweisung. Außerdem rechtfertigen weder die Ausstattung / Einrichtung der Gemeinde, noch die Mehrbettzimmer, noch der Mangel an Masken und Desinfektionsmitteln zur Verhinderung der Ansteckung derartige Maßnahmen der Inhaftierung.
Nun hat sich die Regierung sowohl der Aussetzung der Einschließung in Abschiebezentren als auch der Schließung dieser Zentren während der Zeit der Epidemie entgegengestellt. Wie in den anderen Einrichtungen des Freiheitsentzugs wurden keine Maßnahmen ergriffen zur Verhinderung der Ansteckung und zur Identifizierung der Personen, die vom Virus infiziert waren. Die Gerichte haben entschieden, die große Mehrheit der Personen aus der Haft in diesen Zentren zu entlassen, aber nicht alle. Sie haben sich geweigert, die Zentren selbst zu schließen. In mehreren Abschiebezentren brachen Revolten aus, haben aber zu keinem Resultat geführt. Auf diese Weise ist es der Regierung gelungen, das System der Abschiebehaft zu erhalten, wenngleich auf einem minimalen Stand.
Die Orte der Unterbringung: Die Migrant_innen, die in Gemeinschaftsunterkünften oder in Hotelzimmern untergebracht waren, mussten unter ähnlichen Schwierigkeiten leiden, wie auch andere Personen, die unter den gleichen Bedingungen untergebracht waren: für Quarantäne ungeeignete und zu kleine Zimmer, insbesondere mit Kindern, für die Einhaltung von Abstand ungeeignete Gemeinschaftsräume, fehlende Organisation der Begleitung im Fall von Quarantäne. Für die nicht französischsprachigen Personen kommt die Schwierigkeit hinzu, sich über die Situation zu informieren oder die Bescheinigungen für den notwendigen Ausgang auszufüllen. Bedingt durch die Erhöhung der Polizeikontrollen im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen unterliegen Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus einem erhöhten Risiko, festgenommen zu werden, wenn sie hinausgehen, um einzukaufen oder zu arbeiten. Der Staat hat weder ein Maßnahmenbündel beschlossen, um in dieser Situation Abhilfe zu schaffen, noch um der Ansteckung im Innern der Gemeinschaftsunterkünfte vorzubeugen.
Der Zugang zum Asylverfahren: Im Lauf der Jahre wurde der Zugang zum Asylverfahren immer mehr erschwert, besonders in Paris, bedingt durch die mangelnden Sprechzeiten oder die Verpflichtung, einen Termin per Internet auf einer sehr überlasteten Seite zu buchen. Die Präfektur in Paris nahm die Epidemie als Vorwand, um die Registrierung der Asylanträge auszusetzen. Das bedeutet die Aufrechterhaltung einer illegalen Situation und damit keinen Zugang zu den materiellen Bedingungen der Aufnahme wie finanzielle Unterstützung und Unterbringung, also auch ein Verbleiben in den Camps (siehe weiter oben). Die Justiz hat dieses Hindernis zum Asylrecht sanktioniert, und die Registrierung der Anfragen musste wieder neu aufgenommen werden.
Die Regeluraisierung des illegalen Aufenthaltsstatus: Infolge der Maßnahmen zur Regularisierung des illegalen Aufenthaltsstatus, die Portugal aufgrund der Epidemie ergriffen hat, um Personen ohne Papiere nicht vom Zugang zu ärztlicher Versorgung auszuschließen, hat eine breite Mobilisierung von Organisationen und Kollektiven bei der französischen Regierung vorgesprochen, um eine ähnliche Regelung zumindest während der Zeit der Epidemie zu erreichen, aber ohne Erfolg. Diese Mobilisierung war jedoch begrenzt durch Ausgangsverbote und Einschränkungen der Freiheit, die darauf gefolgt sind.
Die Epidemie war also eine Gelegenheit, die mit der Migrationspolitik zusammenhängenden Fragen, die die Bedingungen der Aufnahme und Nicht-Aufnahme betreffen, aber auch die Schließung der Abschiebezentren oder die Regelungen des illegalen Aufenthaltsstatus, in der öffentlichen Debatte neu zu stellen, teilweise unter einem neuen Blickwinkel. Es ist zu früh etwas darüber zu sagen, ob dieser Elan von Dauer sein wird, umso mehr, weil die Bedingungen Ausgangsbeschränkungen und Stand der gesundheitlichen Notlage die Ausdrucksmöglichkeiten im öffentlichen Raum sehr stark begrenzten.
Philippe Wannesson ist langjähriger Aktivist und Beobachter der Situation in Calais. Er initierte den Blog Passeurs d’hospitalités, der eine wichtige Chronik der Calaiser Jungles darstellt, und Mitautor des Standardwerks La Jungle de Calais (deutsch: Der „Dschungel von Calais“, Bielefeld: transcript, 2002). Heute betreibt er den Blog Ici et là-bas.
Passeurs d’hospitalités: https://passeursdhospitalites.wordpress.com/
Ici et là-bas: https://blogs.mediapart.fr/philippe-wannesson/blog).
France : les exilé-e-s dans la crise du Coronavirus
Philippe Wannesson
Les exilé-e-s se sont trouvé-e-s dans une situation de triple vulnérabilité à l’occasion de ce qui est peut-être la première vague de l’épidémie de coronavirus : vulnérabilité liée à leur situation ; vulnérabilité liée à l’incohérence générale des réponses de l’État face à l’épidémie ; vulnérabilité liée à la volonté de l’État de ne rien changer ou le minimum à la politique de dissuasion à leur égard. Lorsqu’elle a été saisie, la justice a pu rendre des jugements contradictoires. Pour rendre la situation plus compliquée, les mesures prises peuvent varier d’une préfecture à une autre. Passons en revue quelques situations emblématiques.
Les campements : des milliers d’exilé-e-s vivent à la rue en France. C’est le résultat de politiques budgétaires restrictives conduisant à des dispositifs de droit commun insuffisants pour ce qui est de l’hébergement des personnes sans-abri, et de politiques visant spécifiquement les exilé-e-s de dissuasion par la multiplication des obstacles à l’accès aux droits et par l’insuffisance des dispositifs d’accueil. À la situation matérielle et sanitaire déjà dégradée dans les campements est venue s’ajouter l’épidémie de coronavirus : impossibilité de distanciation physique, difficulté pour se laver, peu ou pas d’accès aux masques et au gel hydroalcoolique dans un contexte général de pénurie.
Dans une logique de santé publique, les pouvoirs publics auraient dû prendre en charge ces populations pour éviter que le virus y circule quand le reste de la population est confinée, puis se répande à celle-ci. Ça n’a pas été le cas. On a pu voir aussi bien laisser les choses en l’état, éventuellement avec des mesures d’hygiène et sanitaires à minima, souvent imposées par les tribunaux ou la pression des associations ; des évacuations sans relogement ; des évacuations avec hébergement plus ou moins durable, parfois dans des lieux ne permettant pas la distanciation et encore moins le confinement, comme des gymnases. Ceci dans un contexte de pénurie de tests ne permettant pas d’identifier les personnes porteuses du virus et de les isoler pour éviter la contagion.
https://www.gisti.org/spip.php?article6361
https://www.gisti.org/spip.php?article6344
https://www.gisti.org/spip.php?article6386
https://www.gisti.org/spip.php?article6428
https://www.gisti.org/spip.php?article6443
Les centres de rétention : les frontières s’étant fermées, les vols aériens s’étant arrêtés, les centres de rétention auraient dû fermer, puisque la rétention administrative se définit juridiquement comme une mesure de dernier recours en vue d’une expulsion, devenue impossible. Par ailleurs, ni l’aménagement des parties communes, ni les chambres à plusieurs lits, ni la pénurie de masques et de gel hydroalcoolique ne permettent de prévenir la contagion en milieu rétentionnaire.
Or le gouvernement s’est opposé tant à l’interruption de l’enfermement en rétention qu’à la fermeture le temps de l’épidémie des centres de rétention. Comme pour les autres lieux de privation de liberté, aucun ensemble de mesures n’a été pris pour prévenir la contagion et identifier les personnes porteuses du virus. Les tribunaux ont décidé de la libération de la grande majorité des personnes enfermées en rétention, mais pas de toutes. Ils ont refusé de décider de la fermeture des centres eux-mêmes. Des révoltes ont eu lieu dans plusieurs centres de rétention, mais n’ont pas abouti. Le gouvernement a ainsi réussi à maintenir a minima le système rétentionnaire.
https://www.gisti.org/spip.php?article6375
https://www.gisti.org/spip.php?article6370
https://www.gisti.org/spip.php?article6376
Les lieux d’hébergement : les exilé-e-s logé-e-s dans des hébergements collectifs ou des chambres d’hôtel ont partagé les difficultés des autres personnes logées dans les mêmes conditions : chambres inadaptées au confinement, trop exiguës, en particulier avec des enfants, parties communes ne permettant pas la distanciation physique, désorganisation de l’accompagnement social du fait du confinement. Pour les personnes non francophones s’ajoute la difficulté à s’informer sur la situation ou à remplir l’attestation de sortie obligatoire. Pour les personnes en situation irrégulière le risque accru d’arrestation en cas de sortie, pour se ravitailler, pour travailler, du fait de la multiplication des contrôles policiers liés au confinement. L’État n’a mis en place aucun ensemble de mesures pour remédier à cette situation, ni pour prévenir la contagion à l’intérieur des hébergements collectifs.
https://www.gisti.org/spip.php?article6413
L’accès à la procédure d’asile : au fil des années, l’accès à la procédure d’asile avait été rendu plus difficile, notamment à Paris, par l’insuffisance des créneaux de rendez-vous ou l’obligation de prendre rendez-vous par internet sur un site fréquemment saturé. Les préfectures d’Île-de-France ont pris prétexte de l’épidémie pour suspendre l’enregistrement des demandes d’asile. Ce qui signifie maintien en situation irrégulière et non accès aux conditions matérielles d’accueil, allocation financière et hébergement, donc maintien dans les campements (voir plus haut). La justice a sanctionné cette entrave au droit d’asile, et l’enregistrement des demandes a dû reprendre.
https://www.gisti.org/spip.php?article6380
https://www.gisti.org/spip.php?article6433
La régularisation des sans-papiers : suite aux mesures de régularisation prises par le Portugal en raison de l’épidémie, pour ne pas exclure les personnes en situation irrégulière de l’accès au soin, une mobilisation large d’associations et de collectifs a interpellé, sans succès, le gouvernement français, pour demander une régularisation au moins pendant la durée de l’épidémie. Cette mobilisation a toutefois été limitée par le confinement et par les restrictions de la liberté de manifester qui l’ont suivi.
https://www.gisti.org/spip.php?article6379
https://www.gisti.org/spip.php?article6420
L’épidémie a donc été l’occasion de reposer dans le débat public, parfois sous un angle nouveau, des questions liées aux politiques migratoires, concernant les conditions d’accueil et de non-accueil, mais aussi la fermeture des centres de rétention ou la régularisation des sans-papiers. Il est trop tôt pour dire si cet élan sera durable, d’autant que les conditions, confinement, état d’urgence sanitaire, limitaient fortement l’expression dans l’espace public.