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Calais

Neue Räumung

Nach der massiven Räumungswelle vom 10./11. Juli (siehe hier) und 30. Juli (siehe hier), wurde nun ein weiteres Camp geräumt. Diesmal betraf es ein afrikanisches Zeltlager, das nach einer benachbarten Sportanlage als BMX-Camp bezeichnet wurde.

Das Camp befand sich am östlichen Rand des Stadtgebiets jenseits der Zubringerautobahn zum Fährhafen. Erreichbar war es über eine Sackgasse, die scheinbar im Nirgendwo endet. Von der Autobahn war es durch eine massive Betonmauer getrennt, die im Herbst und Winter 2016/17 errichtet worden war, um die Fahrbahn von Migrant_innen zu abzuschirmen. Von den nächsten Wohngebieten lag es Hunderte Meter entfernt. Wenn die Politik der konservativen Stadtspitze darin besteht, die Geflüchteten möglichst weit aus dem Stadtinnern zu verbannen und sie so unsichtbar wie möglich werden zu lassen, so hat der Standort diese Anforderung bestens erfüllt.

Wie die vorausgegangenen Räumungen, basierte auch diese auf einem Räumungstitel, den das zuständige Gericht in Boulogne-sur-Mer am 27. Juli nach einem Antrag der Stadt Calais vom 24. Juli ausgestellt hatte. Danach versuchte ein Gerichtsvollzieher pro forma und erwartbar ergebnislos, die Identität der Bewohner_innen festzustellen. Die Rechtshilfe-Initiative La Cabane Juridique und andere zivilgesellschaftliche Organisationen (Secours Catholique, Utopia 56 und Human Rights Observers) weisen darauf hin, dass mit diesem Verfahren die Möglichkeiten ausgehebelt wird, Rechtsmittel einlegen zu können. Am Nachmittag des 20. August wurde der Räumungstitel dann per Aushang bekannt gegeben. Die Maßnahme selbst fand am frühen Morgen des 21. August statt.

Die Initiativen weisen auf eine außergewöhnlich starke Präsenz von Polizei und Gendarmerie hin. Die Behörden hätten „zunächst die während der Operation anwesenden weißen Personen kontrolliert, bevor sie sie teils hart aus dem Umkreis der Räumung verdrängten“ und so die Dokumentation behinderten. Allerdings habe kein Zweifel daran bestanden, dass auch nach dieser Räumung die Zelte und das zurückgelassene Eigentum der Migrant_innen konfisziert und vermutlich zerstört wurden.

Abtransport von Zelten (Foto: Human Rights Observers/Twitter)

Lokalen Medien zufolge wurden nach Polizeiangaben 105 Bewohner_innen per Bus in zwei Aufnahmeeinrichtungen, die CAES (centre d’accueil et d’examen des situations) in Croisilles und Nédonchel, gebracht. Auch dies ist bei dieser Art von Räumungen Routine. „Die Exilierten werden wahrscheinlich in den kommenden Stunden oder Tagen zurückkehren, noch erschöpfter, aber angesichts dieser Gewalt der Behörden auch entschlossener, die Überfahrt in das Vereinigte Königreich zu versuchen“, schreiben die Initiativen weiter: „Was auch immer es kostet.“