Nach den zahlreichen Polizeioperationen der vergangenen Monate ist am 22. Oktober 2020 ein weiteres Camp mit dem Ziel geräumt worden, die Bewohner_innen dauerhaft von dem Gelände zu verbannen. Betroffen war diesmal ein Camp im Stadtteil Beau Marais, das unter dem Namen Unicorn Jungle bekannt war und an dem seit einigen Wochen rund 300 Exilierte gelebt hatten.
Die Räumung geschah nach einer Klage des Grundstückseigentümers und folgte einem bekannten Muster: Gestützt auf eine Räumungsverfügung des zuständigen Gerichts in Boulogne-sur-Mer umstellten Polizei- und Gendarmeriebeamte das Camp und verbrachten lokalen Medien zufolge 193 Bewohner_innen in verschiedene Aufnahmeeinrichtungen der Region, 19 weitere wurden festgenommen. Die in der lokalen Flüchtlingshilfe tätigen Vereinigungen verurteilten die Räumung scharf und sprachen von einer fundamentalen Missachtung des Willens und der Rechte der betroffenen Menschen.
Wie der Calaiser Weblog Passeurs d’hospotalités berichtet, wurden viele Bewohner_innen auch diesmal am Verlassen des Lagers gehindert, um sie mit Bussen fortbringen zu können. Auch hätten die Betroffenen nicht die Möglichkeit gehabt, ihren persönlichen Besitz mitzunehmen, der dann konfisziert und beseitigt wurde: „Einige Stunden nach der Operation ist die Gewalt immer noch spürbar, wenn man durch dieses Camp geht. Eine Reispfanne steht noch voll auf dem Feuer, Schuhe liegen herum, ein Zelt, Wasserkanister, das T-Shirt eines kleinen Mädchens, eine Decke,“ schildert die Autorin des genannten Blogs die Situation. Die Initiative Human Rights Observers twitterte nach der Räumung: „Der Lebensort wurde vollständig zerstört; alle Zelte und persönlichen Besitztümer wurden beschlagnahmt.“
Die Räumung fügt sich in eine Reihe vergleichbarer Operationen (siehe hier, hier, hier und hier) ein, nach denen die Bewohner_innen meist rasch wieder nach Calais zurückkehren, und ist zudem von einer Alltagsroutine kontinuierlicher Räumungen begleitet (siehe hier), bei denen die Menschen nicht fortgebracht und keine privaten Rechte von Grundstückseigentümer_innen durchgesetzt werden. Diesmal folgte am nächsten Morgen, dem 23. Oktober, eine Räumungsoperation, die sich gleich gegen drei migrantische Lebensorte in Calais richtete.