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Calais Solidarität

Räumung des besetzten Hochhauses

Polizeiaktion im besetzten Hochhaus, 11. Februar 2022. (Quelle: Calais Logement pour Tous.tes / Twitter)

[Updated, 18. Februar] Der am 4. Februar 2022 besetzte Wohnblock an der Rue d’Ajaccio (siehe hier) im Calaiser Stadtteil Fort-Nieulay wurde am heutigen Tag geräumt. Lokalen Medien zufolge hatte das zuständige Gericht in Boulogne-sur-Mer am Vortag einen Räumungstitel unterzeichnet. Am frühen Morgen räumte die Polizei, darunter CRS und die Spezialeinheit RAID der Police nationale, dann das Gebäude: Ein Video zeigt, wie sich vier RAID-Polizisten von einem Hubschrauber auf das Flachdach des Hauses abseilen und von dort aus Explosivkörper im Inneren des Gebäudes zünden. Kurz darauf kommt es zu einem CS-Gas-Einsatz vor dem Gebäude, als die Besetzer_innen es verlassen und einige Unterstützer_innen, die sich auf dem Vorplatz versammelt haben, zu ihnen wollen. Diese öffentliche Präsenz habe, so erklärten die Besetzer_innen später in einem Tweet, verhindert, dass Personalienfeststellungen durchgeführt werden konnten. Lediglich eine Person sei zu diesem Zweck festgenommen worden, aber inzwischen wieder frei. Vier andere Personen befinden sich nach einer Festnahme am Vortag in Polizeigewahrsam.

Der Wohnblock während der Besetzung. (Foto: Auberge des Migrants).

In einer Erklärung (siehe unten) hatten die Besetzer_innen-Kollektiv Calais Logement pour Tous.tes am Vortag von der Weigerung der Behörden gesprochen, den Status der Besetzung formal festzustellen. Sie beschreiben erneut, wie sie vom Zugang zu Wasser und Lebensmitteln abgeschnitten wurden, und vergleichen dies mit dem Polizeiverhalten gegenüber den Exilierten.

Erklärung der Besetzer_innen am Tag vor der Räumung.

Außerdem würdigen sie die Solidarität, die sie von den Bewohner_innen des Viertels erfahren hätten, denen sie ihrerseits ihre Solidarität bekunden. „Die gesamte Siedlung, zu der das Gebäude gehört, soll geräumt und anschließend abgerissen werden. Während einige Menschen, darunter auch die Bewohner_innen des von uns besetzten Gebäudes, bereits vertrieben wurden, wehren sich andere noch immer gegen ihre Räumung, da die Stadtverwaltung kein Angebot unterbreitet hat. Vor diesem Hintergrund kamen am Montag […], als die ersten Polizist_innen kamen, viele Nachbar_innen, um ihre Unterstützung für die Besetzung zu demonstrieren“, heißt es in einem weiteren Statement. Dass es während der Besetzung, u.a. am Vortag der Räumung mit über einem Dutzend Festnahmen, mehrmals zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen aus dem Viertel und der Polizei kam, erklärt sich aus genau diesem Kontext.

Ein Polizist nimmt auf dem Dach des am Vortag Hauses ein Selfie auf, 12. Februar 2022. (Quelle: Louis Witter / Twitter)

Nach der Räumung nahmen die Besetzer_innen noch einmal in folgender Erklärung Stellung:

Das zweite besetzte Haus – eine alte, langem leerstehende Stadtvilla in der Innenstadt – ist bislang nicht geräumt worden, allerdings soll einem Zeitungsbericht zufolge auch hier ein Räumungstitel erwirkt werden. „Wir sind entschlossen, dort zu bleiben und es zu einem offenen und solidarischen Ort für alle zu machen,“ erklärte Calais Logement pour Tous.tes nach der Räumung des Hochhauses.

Das besetzte Haus in der Calaiser Innenstadt. (Foto: Calais Logement pour Tous.tes)

Zehn Tage nach der Besetzung beschrieben die Aktivist_innen ihr Vorhaben, einen gemeinsamen und sicheren Raum für Menschen ohne Ansehen ihres Aufenthaltsstatus zu schaffen. Sie gingen auf den unklaren rechtlichen Status des Hauses ein und erneuerten die Forderungen nach einem Ende der Räumungspraxis gegenüber den Exilierten und einer Umnutzung der in großer Zahl leerstehenden Gebäude in der Stadt:

Zur weiteren Entwicklung siehe hier.