Kategorien
Boulogne-sur-Mer Dunkerque & Grande-Synthe

Drei Tote an der Kanalküste

[Updated, 28.09.2025] In verschiedenen Abschnitten der nordfranzösischen Küste kamen in der Nacht zum 27. September drei Geflüchtete zu Tode. Südlich von Boulogne-sur-Mer starben zwei Frauen bei einer missglückten Überfahrt und aus einem Kanal zwischen Calais und Dunkerque wurde die Leiche eines Mannes geborgen. Am Beginn des Herbstes sehen wir damit einen ähnlichen Anstieg von Todesfällen wie in den Vorjahren. Gleichzeitig bestätigt sich eine Ausweitung des Raumes, von dem aus Boote zur Überfahrt aufbrechen, in Richtung Normandie.

Die beiden Frauen starben in Neufchâtel-Hardelot südlich von Boulogne-sur-Mer. Aus der Berichterstattung der Zeitung La Voix du Nord geht hervor, dass etwa 70 Menschen zu einer Bootspassage aufgebrochen waren. Laut Seepräfektur habe das Boot „gegen 3.15 Uhr vor der Küste von Neufchâtel-Hardelot“ abgelegt und sei „gegen 4.15 Uhr an den Strand zurückgekehrt, nachdem es abgedriftet war, ohne starten zu können“. Mithilfe einer Drohne habe die Polizei festgestellt, dass mehrere Personen im Wasser trieben, berichtete ein Feuerwehrmann dem Blatt. Auch die Bürgermeisterin von Neufchâtel-Hardelot sprach von Menschen, die im Wasser getrieben seien. Sie bestätigte auch den Tod der beiden Frauen. Erste Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass sie somalischer Nationalität sein könnten. Eine dreiköpfige Familie sei zur Untersuchung in das Krankenhaus von Boulogne-sur-Mer gebracht worden. Die übrigen etwa 64 Menschen wurden von Rettungskräften und zivilgesellschaftlichen Gruppen versorgt und konnten zunächst in einer Halle zur Ruhe kommen.

Aus einer am folgenden Tag, dem 28. September, veröffentlichten Mitteilung der Seepräfektur gehen weitere Details hervor. Demnach meldete ein Flugzeug der Grenzpolizei (PAF) der Rettungsleitstelle GROSS Gris-Nez gegen 3 Uhr die Abfahrt eines Bootes mit etwa 60 Personen im Küstenabschnitt von Hardelot. Daraufhin wurde ein Patrouillenboot des Zolls zur Überwachung und gegebenenfalls Hilfe dorthin beordert. Als dieses Schiff eintraf, habe das Schlauchboot etwa 150 Meter vor der Küste Schwieirigkeiten gehabt weiterzufahren. „Die 66 Personen, die sich im Boot befanden, entschieden sich, den Strand selbstständig zu erreichen und wurden von der Feuerwehr gerettet. Zwei Frauen mit Herz-Kreislauf-Stillstand wurden gemeldet und sofort von der Feuerwehr versorgt. Die beiden Personen mit Herzstillstand starben trotz der Wiederbelebungsversuche der Rettungskräfte.“

Der tödliche Ablegeversuch ereignete sich im selben Seegebiet, wo es bereits am 10. September zu einer tödlichen Havarie gekommen war; drei Menschen starben damals, drei weitere werden seither vermisst (siehe hier).

Ein weiterer Todesfall wird aus Gravelines zwischen Calais und Dunkerque gemeldet. Dort wurde, so La Voix du Nord, am Vormittag des 27. September die im Wasser treibende Leiche eines Geflüchteten entdeckt. Der Fundort an der Rue de la Plage liegt nicht direkt am Meer, sondern in der Nähe des kanalisierten Flusses Aa, der weiter nördlich in den Ärmelkanal mündet und ebenfalls von Schlauchbooten befahren wird; wie auf See, kam es dabei bereits mehrfach zu Todesfällen. Über die Identität des Toten ist bislang lediglich bekannt, dass er zwischen 25 und 30 Jahre alt sein soll.

Die neuerlichen Todesfälle ereigneten sich zu einem Zeitpunkt, als nach einer sechstägigen Pause bei verbesserter Witterung besonders viele Überfahrten stattfanden. Bei Gravelines sollen, so die Zeitung unter Berufung auf die Polizei, am frühen Morgen des 27. September „mindestens drei Boote mit mehr als hundert Migranten an Bord in See gestochen“ sein. In Neufchâtel-Hardelot, wo sich die beiden Frauen gestorben waren, startete am Nachmittag desselben Tages ein weiteres Schlauchboot, wobei erneut Menschen in Schwierigkeiten gerieten, jedoch gerettet werden konnten. Die NGO Utopia 56 meldete am selben Tag: „Weitere Gruppen befinden sich derzeit auf See und bitten um Hilfe.“ Nach britischen Angaben erreichten am 27. September zwölf Boote britisches Hoheitsgebiet, an Bord befanden sich 895 Menschen.

Auch die oben zitierte Presseerklärung der Seepräfektur bestätigt, dass mehrere Rettungseinsätze stattfanden. Einer von ihnen galt einem Boot, das „in der Gegend von Ault-Onival gestartet war“. Dieser Ort befindet sich südwestlich der Mündungsbucht der Somme kurz vor der Normandie. Der Ärmelkanal ist dort sehr viel breiter als in der Region von Boulogne-sur-Mer oder bei Calais. Aus diesem Küstenabschnitt werden immer wieder, wenn auch sporadisch, Abfahrten von Booten gemeldet.