Wie die Regionalzeitung La Voix du Nord am 6. April 2020 berichtet, ging die Evakuierung des Jungle in Calais weiter. Am Montag seien weitere 70 Migrant_innen mit Bussen in Unterkünfte in der Region Hauts-de-France gebracht worden. Somit scheinen sich zumindest aktuell die Befürchtungen einer zwangsweisen Verbringung in entferntere Regionen noch nicht zu bewahrheiten. Die Region Hauts-de-France entstand am 1. Januar 2016 durch den Zusammenschluss der bisherigen Regionen Nord-Pas-de-Calais und Picardie.
Ebenfalls am 6. April 2020 berichtete La Voix du Nord von den ersten Evakuierungen aus Grande-Synthe. An diesem Tag würden die ersten 30 Migrant_innen auf freiwilliger Basis in eine Unterkunft in der Nähe von Lillie gebracht. Vorrang hätten hier, so der Unterpräfekten von Dunkerque Éric Étienne, Familien und vulnerable Personen.
Somit haben nun die humanitären Evakuierungen begonnen, die von mehreren Verbänden seit einiger Zeit gefordert werden. Amnesty International Frankreich, La Cimade, Emmaüs, Médecins du Monde, Médecins sans Frontières und Secours Catholique (die französische Caritas) hatten in einem offenen Brief an die zuständigen Ministerien am 31. März gefordert, dass endlich Schutzmaßnahmen für die in Calais und Grande-Synthe lebenden Migrant_innen zu ergreifen seien.
Für Grande-Synthe forderten sie konkret eine Unterbringung in Unterkünften in nahe gelegenen Orten. Eine Unterbringung in entfernteren Regionen würde erfahrungsgemäß nur dazu führen, dass die Migranrt_innen diese wieder verliessen und zurückkehrten. Ebenso wurde die Bereitstellung von medizinischer Versorgung durch qualifiziertes Personal gefordert.
Für Calais forderten sie ein sofortiges Ende der andauernden regelmäßigen Räumungen (siehe hier und hier). Bis zum Beginn der Evakuierungen solle Zugang zu allen notwendigen Unterstützungsmassnahmen der Hilfsorganisationen bestehen. Diese sollen ohne Störungen rund um die Uhr tätig sein dürfen.
Am 1. April kritisierten Médecins du Monde Hauts-de-France in einem Facebook-Beitrag, dass 600 Frauen, Männer, Kinder in der Ruine La Linière in Grande-Synthe ohne Duschen und Toiletten leben würden (siehe hier). Auch gebe es dort nur begrenzten Zugang zu Trinkwasser. Medizinische Versorgung sei in keinster Weise gewährleistet. Die Organisation boten im Rahmen eines koordinierten Systems Unterstützung an. Der Unterpräfekt von Dunkerque hielte jedoch die Reaktion der zuständigen Präfektur für ausreichend und angemessen.
Bereits vier Tage zuvor, am 27. März, hatten Médecins du Monde Hauts-de-France ebenfalls über Facebook auf diese mangelnde Kooperationsbereitschaft in Dunkerque hingewiesen. In Calais würden die Behörden jedoch kooperieren und es würde ein System für den Zugang zur Gesundheitsversorgung, bestehend aus dem Französischen Roten Kreuz, Médecins du Monde, dem Katastrophenschutz und dem Krankenhaus von Calais eingerichtet.