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Calais Solidarität

Demonstration für die Ziele des Hungerstreiks

Die Hungerstreikenden Anaïs Vogel und Ludovic Holbein bei ihrer Rede zu den Demonstrierenden. (Foto: Julia Druelle)

Am 34. Tag des Hungerstreiks demonstrierten am gestrigen 13. November Hunderte Menschen in Calais gegen den inhumanen Umgang mit Exilierten. Lokale Medien zählten etwa 450, teilnehmende Initiativen sprachen von etwa tausend Personen. Sie unterstützten die Forderungen der Hungerstreikenden, die gemeinsam mit ihren Unterstützer_innen und lokalen Organisationen zu der Kundgebung aufgerufen hatten und vom Portal der Kirche Saint-Pierre aus zu den Teilnehmer_innen sprachen. Darin prangerten die Beiden die „politischen und persönlichen Interessen“ an, die dazu geführt haben, dass die Räumungen während des Winters in Calais und Grande-Synthe weitergehen, und charakterisiserten den Vermittlungsversuch des Innenministeriums als einen „Monolg“. Ihren Hungerstreik werden sie fortsetzen. Wir dokumentieren die Demonstration mit einer Serie von Fotos, die Julia Druelle zur Verfügung gestellt hat.

Demonstrierende fordern ein Ende derGewalt und die Einhaltung der Winterpause (trêve hivernale) für Zwangsräumungen. (Fotos: Julia Druelle)

An der Demonstration nahmen Bürger_innen von Calais und anderen Städten der Region, Aktivist_innen der zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschafter_innen und rund zweihundert Exilierte teil. Aus dem parlamentarischen Kontext waren Adrien Quatennens, linker Abgeodneter der Nationalversammlung, und die beiden grünen Europaabgeordneten Karima Delli und Damien Carême, der frühere Bürgermeister von Grande-Synthe, vertreten. Über drei Stunden lang zog die Demonstration, begleitet von Ansprachen und Musik, durch die Innenstadt.

Demonstrtion in Calais, 13. November 2021. (Fotos: Julia Druelle)

Am Richelieu-Park, wo nach Todesfällen seit Jahren kleine Gedenkveranstaltungen stattfinden, gedachten die Demonstrant_innen der inzwischen 309 Menschen, die seit 1999 im Zusammenhang mit der britisch-kontinentaleuropäischen Grenze ihr Leben verloren haben – mehrere von ihnen erst in den letzten Wochen.

Gedenken am Richelieu-Park für die Opfer der Grenze. (Foto: Julia Druelle)

Ein Ende des Hungerstreiks, dessen Forderungen bislang nicht erfüllt wurden, ist nicht abzusehen. Die Zeitung La Voix du Nord beschrieb Anaïs Vogel und Ludovic Holbein, die beiden Hungerstreikenden, als „müde, aber entschlossen“, sprach aber auch von einer Sackgassen-Situation: „Der Staat hat Vorschläge gemacht, wird aber seine Position nicht ändern.“ In der Tat ist bislang keine Bereitschaft der Behörden erkennbar, über die zentrale Forderung nach einem Ende der Räumungen und Beschlagnahmungen ernsthaft zu verhandeln, was wiederum den Raum für eine politische Neuaushandlung der Situation eröffnen könnte.

Dies bedeutet aber keineswegs, dass ein solcher Raum nicht aufgetan werden kann. Die vergangenen Wochen haben vielmehr gezeigt, dass der Hungerstreik in eine sehr viel breitere zivilgesellschaftiche Dynamik eingebettet ist, wie es sie seit der spektakulären Räumung des Jungle im Oktober 2016 nicht mehr gegeben hatte. Auch dies hat die Demonstration unterstrichen, und bereits dies stellt einen Erfolg dar.