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Boulogne-sur-Mer Channel crossings & UK

Tödliche Havarie vor Berck-sur-Mer

Größere Diszanz zur britischen Küste: Die Lage von Berck (rot) am Ärmelkanal. (Karte: Openstreetmaps)

Ein junger Mann aus dem Sudan starb am gestrigen 14. Januar bei einer versuchten Übequerung des Ärmelkanals. Er ist das erste dokumentierte Todesopfer in diesem Jahr. Die Havarie ereignete sich vor der Küste von Berck-sur-Mer südlich von Boulogne. Dies ist ein Bereich des Ärmelkanals, in dem die zurückzulegende Entfernung zur englischen Küste wesentlich größer ist als vom Küstenabschnitt zwischen Calais und Boulogne aus. Ein Effekt der stärkeren polizeilichen Überwachung dort ist die Verlagerung von Abfahrten in weniger stark kontrollierte, jedoch auch riskantere Küstenregionen.

Der Lokalzeitung La Voix du Nord und der Seepräfektur zufolge hatten etwa 30 Männer am frühen Morgen versucht, in einem Festrumpfschlauchboot überzusetzen, und waren in Küstennähe in Seenot geraten. Jemand bemerkte von Land aus, dass mindestens eine Person ins eiskalte Wasser gestürzt war, und verständigte die Rettungsdienste. Daraufhin barg ein Boot der französischen Seenotrettungsgesellschaft SNSM den bewußtlos im Wasser treibenden Mann und schleppte das Schlauchboot, auf dem sich 25 Menschen befanden, zum Ufer. Parallel dazu wurden fünf weitere Bootspassagiere von Feuerwehrleuten von einer Sankbank gerettet. Der leblos geborgene Mann konnte nicht wiederbelebt werden. Über seine Identität ist bislang nur bekannt, dass er etwa 20 Jahre alt war und aus dem Sudan kam. Die übrigen Passagiere seien durchnässt, aber unverletzt gewesen.

Die Zeitung berichtet weiterhin, dass möglicherweise noch „zwei oder drei Personen vermisst werden“. Eine Suche zu Wasser und aus der Luft eines Hubschraubers verlief ergebnislos. Bei den momentanen niedrigen Wassertemperaturen von etwas mehr als 9 °C verliert ein Mensch nach einer knappen Stunde das Bewusstsein und stirbt nach weniger als drei Stunden.

La Voix du Nord zufolge sollen an den Tagen vor der Havarie rund 250 Exilierte in der Region Berck-Merlimont-Le Touquet eingetroffen sein. Am Vortag sei bei Le Touquet eine Bootspassage gescheitert, an der einige der jetzt Geretteten teilgenommen haben sollen.

Am Tag der Havarie erreichten 118 Personen in vier Booten britisches Hoheitsgebiet, weitere 97 wurden in Frankreich gerettet oder an der Überfahrt gehindert. Am Vortag, dem 13. Januar, hatten laut BBC bereits 271 Personen in zehn Booten den Kanal durchquert – eine für diese Jahreszeit, in der die Überfahrt besonders gefährlich ist, hohe Zahl. An diesen Tagen waren die Wetterbedingungen trotz eisiger Lufttemperaturen vergleichsweise günstig. Insgesamt ist seit Jahresbeginn mehr als 550 Menschen die Bootsüberfahrt gelungen. Dies sind mehr als im gesamten Januar des vergangenen Jahres.

Am heutigen Samstagabend findet in Calais eine Gedenken an den bislang unbekannten Mann statt. Es ist der 341. dokumentierte Todesfall im Kontext der kontinentaleuropäisch-britischen Grenzpolitik. Nicht in der Zahl enthalten sind mehrere v. a. seit dem Herbst auf See vermisste Personen.