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Calais

Ein weiterer Suizid in Calais

Erneut ist ein Geflüchteter in Calais gestorben. Er wurde am 3. Januar 2023 auf einem Bahngleis im Süden der Stadt von einem Güterzug erfasst. Wie die zivilgesellschaftliche Organisation Utopia 56 mitteilt, hat der Mann sich „vor den Augen von Freiwilligen der Hilfsorganisationen und seinen Begleitern vor einen Zug geworfen.“ Auch die lokale Zeitung La Voix du Nord spricht von Suizid. Über die Identität des Opfers ist bislang lediglich bekannt, dass der Mann aus dem Sudan gekommen und etwa dreißig bis vierzig Jahre alt sein soll.

Der Zeitung zufolge ereignete sich der Suizid am 3. Januar gegen 10:50 Uhr in der Rue de Judée, einer Straße im Süden von Calais. Der Mann wurde von einem Güterzug erfasst, der in Richtung Dunkerque fuhr. Zeug_innen hätten gehört, dass der Zug ein Warnsignal ertönen ließ, bevor er anzuhalten versuchte. Der Zugführer habe einen Schock erlitten und sei von der Feuerwehr versorgt worden. Laut Staatsanwaltschaft werde eine Untersuchung zur Klärung der Todesumstände eingeleitet.

Das Onlinemdium InfoMigrants zitierte die Leiterin der Calaiser Hilfsorganisation Salam, Claire Millot. Eine Freiwillige habe ihr berichtet, dass sie den Mann auf dem Gleis gesehen habe. „Sie hupte, um ihn vor der Ankunft des Zuges zu warnen, aber er winkte zum Abschied“ und warf sich auf die Gleise. Bei dem Mann habe es sich um jemanden gehandelt, „bei dem sie festgestellt hatte, dass es ihm nicht gut ging“. InfoMigrants weist einmal mehr darauf hin, dass die Exilierten in Nordfrankreich unter enormem psychischen Druck stehen, der durch die Lebensbedingungen, u. a. durch die permanenten Räumungen, noch verstärkt wird.

In Reichweite der Unglücksstelle befinden sich mehrere Camps von Exilierten. Seit Herbst 2021 starben immer wieder Geflüchtete bei Unfällen und in einem Fall auch durch Suizid: Am 11. Mai 2022 erhängte sich ein junger Mann in einem nahe gelegenen Gewerbegebiet (siehe hier). Auf der Bahnstrecke, auf der sich nun wieder ein Suizid ereignete, starben am 4. November 2021 (siehe hier), 28. Februar 2022 (siehe hier) und 29. Mai 2022 (siehe hier) bereits drei Geflüchtete. La Voix du Nord zitiert den für Verkehr zuständigen Vizepräsidenten der Region Hauts-de-France mit der Aussage, diese Bahnstrecke sei „die gefährlichste in der Region“ und manche Zugführer würden sie nicht mehr befahren.

„Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und allen Opfern unserer Politik an den Grenzen“, schreibt Utopia 56.