„Erster November, Beginn des Winterfriedens. Heute Morgen fand eine neue Räumung statt. Entgegen den von der Regierung verbreiteten Behauptungen wurde erneut keine Lösung für die Unterbringung von Exilanten gefunden.“ Mit diesen Worten kommentierten die Hungerstreikenden in der Calaiser Kirche Saint-Pierre die Fortsetzung der Räumungen über den 1. November hinaus. Ab diesem Tag gilt in Frankreich ein Winterpause, die verhindern soll, dass Menschen während der kalten Jahreszeit durch Zwangsräumungen obdachlos werden. Eine Aussetzung der Räumungen zumindest während der Phase ist eine zentrale Forderung des Hungerstreiks.
„Trotz der Forderung der drei Hungerstreikenden […], die Räumungen zu stoppen, hat die Gendarmerie mehrere Stunden lang die verschiedenen Lebensorten der Exilanten geräumt,“ teilt auch der Calaiser Journalist Louis Witter in einem Tweet mit. Bereits in den vergangenen Wintern waren die Räumungen selbst bei extremem Winterwetter nicht unterbrochen worden. Im Kontext des Hungerstreiks erscheint die Fortführung dieser Routine jedoch als ein politisches Signal.
Im Verlauf des Oktober hatte nichts auf eine Aussetzung oder Abmilderung der Räumungen hingedeutet. Das Gegenteil war der Fall.
Nach einer groß angelegten Polizeioperation am 28. September (siehe hier) gegen den Hospital Jungle in der Zone du Virval, einem weitläufigen Brachgebiet zwischen Krankenhaus und Autobahn, wurden dort im Verlauf des Oktober im 24-Stunden-Turnus weitere Räumungen durchgeführt. Gleichzeig finden in dem weitläufigen Areal Rodungsarbeiten statt, die schützendes Buschwerk um die versteckt und verstreut angelegten Camps beseitigen und das früher unübesichtliche Gelände von außen kontrollierbar machen. Durch einen von der Stadt Calais erwirkten Gerichtsbeschluss ist das Betreten des Geländes untersagt und ein weiträumig verhängtes Parkverbot soll die zivilgesellschaftlichen Organisationen daran hindern, in Reichweite der Camps präsent zu sein. Während die übrigen Camps in und um Calais weiterhin von Räumungen 48-Stunden-Turnus betroffen sind, hat sich die Frequenz für dieses Gebiet also verdoppelt.
In Grande-Synthe bei Dunkerque, wo die Behörden eine etwas andere Räumungspraxis verfolgen und in den vergangenen Monaten mehrere große Operationen durchgeführt haben (siehe beispielsweise hier), fand am 26. Oktober eine der größten Räumungen der vergangenen Jahre statt. Betroffen war ein Camp mit mehr als 1.100 Bewohner_innen. Dabei wurden erneut Zelte und andere persönliche Gegenstände zerstört.