Kurz nach dem Tod dreier Geflüchteter an der nordfranzösischen Kanalküste (siehe hier) wurde ein weiterer Todesfall bekannt. Zunächst war berichtet worden, bei der südlich von Boulogne-sur-Mer aufgefundenen Leiche handle es sich um ein Kind, doch im Laufe des Tages korrigierte La Voix du Nord die Berichterstattung.
Schlagwort: Bootspassagen
[Updated, 28.09.2025] In verschiedenen Abschnitten der nordfranzösischen Küste kamen in der Nacht zum 27. September drei Geflüchtete zu Tode. Südlich von Boulogne-sur-Mer starben zwei Frauen bei einer missglückten Überfahrt und aus einem Kanal zwischen Calais und Dunkerque wurde die Leiche eines Mannes geborgen. Am Beginn des Herbstes sehen wir damit einen ähnlichen Anstieg von Todesfällen wie in den Vorjahren. Gleichzeitig bestätigt sich eine Ausweitung des Raumes, von dem aus Boote zur Überfahrt aufbrechen, in Richtung Normandie.
Mahnmal aus Schuhen

Am Strand von Calais entstand am 20. September 2025 ein temporäres Mahnmal: 518 Paar Schuhe, im Sand angeordnet, erinnerten an die mindestens 518 Menschen, die seit 1999 im Zusammenhang mit der Migration auf der Kanalroute ihr Leben verloren haben.
Im Rahmen des im Juli vereinbarten „One in, One out“- Abkommen sollten am Montag, 15.09.2025, erstmals Menschen, die in „kleinen Booten“ über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien kommen, abgeschoben werden. Nur einen Tag nach der rechtsextremen Großdemonstration mit über 100.000 Teilnehmenden in London stoppten Gerichte die ersten geplanten Deportationen.

Die Londoner Innenstadt wurde am 12. September 2025 zur Bühne einer der größten Massenkundgebungen der britischen Geschichte. Sie war Ausdruck rechtsextremer Umsturzfantasien, die sich der Migrationsthematik bedienten, um eine britische Spielart der US-amerikanischen MAGA-Bewegung zu etablieren. Überlagert und verstärkt wurde der Effekt durch den Rummel, den die Trump-affine Rechte nach der Ermordung des amerikanischen Aktivisten Charles Kirk am 10. September entfachte. Innerhalb dieser Ereignisfolge spielt die Forderung nach einem Stoppen der Bootspassagen im Ärmelkanal nicht unbedingt eine zentrale, aber dennoch eine verbindende Rolle. Genau dies integriert sie in die Agenda einer transatlantischen Bewegung gegen die Demokratie.

Wenige Stunden vor den tödlichen Havarien in der Nacht vom 9. zum 10. September (siehe hier) kam es im britischen Teil des Ärmelkanals zu einem weiteren Unglück, bei dem eine Frau ihr Leben verlor. Damit erhöht sich Zahl der Todesfälle in diesem kurzen Zeitraum auf vier.
Gestern kam es im Ärmelkanal jeweils bei dem Versuch, nach Großbritannien überzusetzen zu zwei schweren Bootsunglücken, bei denen mindestens drei Personen ums Leben kamen und drei weitere vermisst werden. Bei einer dritten Havarie konnten alle verunglückten Personen gerettet werden.

Das neue britisch-französische Abkommen: Die erste Woche.
Eine Woche nach dem Inkrafttreten der bilateralen Vereinbarung (siehe hier), die Großbritennien erstmals seit dem Brexit Abschiebungen nach Frankreich ermöglicht, ist nur wenig über die Umsetzung bekannt. Die britische Regierung meldete die Festnahme erster Bootspassagier_innen und schaltete ein Formular für legalen Einreise aus Frankreich frei. Gleichzeitig bereiten zivilgesellschaftliche Akteure die juristische Anfechtung der Abschiebungen vor. Ein Effekt auf die Zahl der Bootspassagen bleibt erwartungsgemäß aus.
Zum wiederholten Mal kam an der französischen Kanalküste ein Mensch zu Tode: In der Nacht zum 12. August 2025 starb am Stadtstrand von Dunkerque eine Frau nach einer versuchten Bootspassage. Der Fall fügt sich in ein bekanntes Muster, nämlich die Häufung tödlicher Ereignisse in unmittelbarer Küstennähe – dort also, wo französische Behörden in Zukunft systematisch gegen Schlauchboote vorgehen sollen.
„Einer raus, einer rein“
Ein neues britisch-französisches Abkommen ermöglicht die Abschiebung von Bootsflüchtlingen. Eine Inhaltsangabe.
Nach einem jahrelangen politischen Tauziehen trat am 6. August 2025 ein britisch-französisches Abkommen in Kraft, das Abschiebungen einer begrenzten Zahl von Bootsflüchtlingen aus Großbritannien nach Frankreich ermöglichen soll. Gleichzeitig soll dieselbe Zahl in Frankreich lebender Migrant_innen ein Visum für Großbritannien erhalten – ausgenommen alle, die mit einer Bootspassage in Verbindung gebracht werden können. Dieses sogenannte One-in one-out-Modell zielt politisch nicht nur darauf ab, Bootsflüchtlinge durch die Aussicht auf Inhaftierung und Abschiebung abschrecken, sondern ebnet den Weg zur Integration des Vereinigten Königsreichs in das Migrationsregime der EU. Bis dahin bleibt es jedoch ein zeitlich befristeter Testballon, von dem nur ein Bruchteil der Channal migrants betroffen sein wird.