Erneut wurden an der nordfranzösischen Küste drei Leichen von Exilierten aufgefunden; allein in einem kleinen Küstenabschnitt bei Calais steigt die Zahl der Leichenfunde binnen zweier Wochen auf acht. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass es sich vermutlich um Menschen handelt, die seit einer Havarie am 23. Oktober vermisst werden. Diese erweist sich damit als eine der schlimmsten Katastrophen im Rahmen der Bootspassagen nach Großbritannien.
Kategorie: Calais
Nach den Leichenfunden vom 30. Oktober und 2. November (siehe hier und hier) wurden am 5. und 6. November 2024 sechs weitere Leichen aus dem Ärmelkanal geborgen bzw. an Land gespült. Fünf von ihnen wurden bei Calais entdeckt, eine sechste in britischen Gewässern. Die Identität und die genauen Todesumstände sind noch unklar, allerdings liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Exilierte handelt und dass sie im Zusammenhang mit den Bootspassagen starben.
Ein Leichenfund bei Sangatte
Der Fund einer Leiche an einem Strand bei Sangatte westlich von Calais dokumentiert die katastrophale Situation an der Kanalküste ein weiteres Mal. Die Umstände deuten darauf hin, dass es sich bei dem Toten um einen Exilierten handelt, der bei einer versuchten Bootspassage nach Großbritannien starb.
Erneut kam es im Ärmelkanal zu einer tödlichen Havarie, die drei Menschen das Leben kostete. Das Unglück ereignete sich weniger als eine Woche nach dem Tod eines Säuglings und knapp zwei Wochen nach vier weiteren Todesfällen (siehe hier und hier). Damit verfestigt sich die Beobachtung, dass in diesem Herbst nahezu wöchentlich Exilierte an der nordfranzösischen Küste sterben.
Im Zuge der rassistischen Krawalle in Großbritannien kündigten britische Rechtsextreme an, ab dem 11. August 2024 in Calais zu agieren. Dahinter dürfte der Wunsch stehen, auch in Frankreich rechtsextreme Ausschreitungen zu erzeugen und Gewalt gegen Exilierte und ihre Unterstützer_innen auzustacheln, sich aber mindestens für die eigene Follower_innen in Szene zu setzen. Im Vorfeld erschien nun der unten dokumentierte Aufruf, sich ihnen aktiv entgegenzustellen. Der Aufruf erschien auf der Website des Netzwerks Calais Migrant Solidarity, das sich als Teil der No borders-Bewegung versteht.
[Updated] Im Augenblick folgen Todesfälle von Exilierten im nordfranzösischen Grenzraum binnen weniger Tage. Diese Situation ist, verglichen mit den zurückliegenden Jahren, beispiellos. Im Juli meldeten wir allein vier tödliche Situationen auf See, bei denen sieben Menschen starben; hinzu kam der Tod eines Säuglings erst vor wenigen Tagen. Am heutigen 2. August 2024 ertrank ein Geflüchteter aus dem Sudan an einem Kai mitten in Calais. Die Umstände deuten auf Suizid hin.
Tod eines Babys in Calais
In den Räumlichkeiten von Secours Catholique in Calais starb am 29. Juli 2024 ein kleiner Junge namens Mohammed. Medienberichten zufolge war er mit seinen Eltern im Tageszentrum, das die französische Schwesterorganisation der Caritas in der Innenstadt für Geflüchtete unterhält. Eine Autopsie soll nun klären, ob das Baby, wie vermutet wird, an einer Krankeit starb.
Ein rechtsfreier Raum
Details zu Übergriffen vor der Räumung des besetzten Hauses in Calais
Am 2. Juli wurde ein seit 2022 besetztes und durch einen Gerichtsbeschluss bis 2025 legalisiertes Haus in der Calaiser Innenstadt geräumt (siehe hier). Nun machten Aktivist_innen einige Vorkommnisse öffentlich, die schließlich zur Räumung führten, zugleich aber ein weiteres Schlaglicht auf die Situation nach der fatalen Europawahl vom 9. Juni 2024 werfen. Demnach schufen Nachbar_innen, Rechtsextreme, Medien und Behörden rund um das Haus eine Art rechtsfreien Raum. Die Ereignisse wirken wie ein Vorgeschmack auf Zustände, die bei einer Regierungsübernahme durch den Rassembelement National vermutlich gängig geworden wären – in Calais aber nicht wirklich verwundern. Daher lohnt ein Rückblick.
Besetztes Haus in Calais geräumt
Seit Februar 2022 beherbergte ein besetzter Altbau in der Innenstadt von Calais obdachlose Migrant_innen, verbunden mit dem Anspruch, einen sozialen Raum jenseits von Nationalität und Status zu eröffnen. Das Projekt war im Oktober 2022 soweit legalisiert worden, dass es voraussichtlich bis 2025 hätte bestehen können (siehe hier, hier und hier). Am 2. Juli 2024 wurde es nun vorzeitig und nach Ansicht von Aktivist_innen rechtswidrig geräumt.
Autoattacke gegen Exilierte in Calais
Am Abend des 2. Juli 2024 wurde eine Gruppe von Exilierten in Calais von einem Auto attackiert; einer von ihnen wurde verletzt, befindet sich aber nicht in Lebensgefahr. Es handelt sich offenbar um eine vorsätzliche Tat. Sie reiht sich in eine Serie von Gewaltakten und Drohungen gegen Geflüchtete und Unterstützer_innen ein, die nach Ansicht lokaler Beobachter_innen durch die mögliche Bildung einer rechtsextremen Regierung in Frankreich motiviert sind (siehe hier, hier und hier).