An interview with Utopia 56 about the possible takeover by the extreme right and its consequences for associations and exiles
On the day after the first round of the parliamentary elections, we ask Utopia 56 about the shift to the right in France and the consequences of a possible takeover by the far-right Rassemblement National. Célestin Pichaud from Utopia 56 in Grande-Synthe explains what impact the scenario is already having and what an RN government could mean for exiled people and their supporters.
Wie bereits in den Vorjahren, verstärkten die französischen Behörden für die bevorstehenden Sommermonate die Küstenüberwachung. Die Zeitung La voix du Nord meldet allein knapp 800 zusätzliche Polizei- und Gendarmeriekräften für das Departement Pas-de-Calais. Die Maßnahme dürfte die Risiken beim Ablegen der Boote weiter erhöhen, während die Zahl der Bootspassagen im ersten Halbjahr dieses Jahres so hoch liegt wie noch nie.
Calais nach der Zäsur der Europawahl am 9. Juni 2024
Die Auflösung der französischen Nationalversammlung nach der Europawahl am 9. Juni 2024 hat der extremen Rechten die Möglichkeit eröffnet, erstmals in der Geschichte der Fünften Republik die Regierungsmacht an sich zu ziehen. Der 9. Juni war zugleich Auslöser rassistischer und rechtsextremer Gewalttaten, auch an der nordfranzösischen Küste. Sie richteten sich sowohl gegen Exilierte als auch gegen zivilgesellschaftliche Organisationen. Das französische Onlinemedium InfoMigrants gab am 21. Juni einen Einblick in die Vorfeldsituation der möglichen politischen Katastrophe.
Bereits am 8. April 2024 starb ein Exilierter auf einer Autobahn in der Nähe der wallonischen Hauptstadt Namur. Offenbar hatte er sich in Calais in einem Lastwagen versteckt, der jedoch nicht, wie erhofft, nach Großbritannien fuhr. Seit Jahren geraten Exilierte immer wieder in solche Situationen, die nicht selten lebensgefährlich sind (siehe zuletzt hier).
Das seit Jahren als informeller Lebensort genutzte Gebiet an der Grenze der Kommunen Calais und Marck war am 4. April 2024 erneut Schauplatz von einer größeren Räumung (zu früheren siehe hier, hier, hier und hier). Etwa hundert Menschen wurden in Aufnahmezentren außerhalb von Calais gebracht. Die lokale Menschenrechtsorganisation Human Rights Observers wirft den Behörden ein unverhältnismäßiges und inhumanes Verhalten vor.
Seit 2017 dokumentiert Human Rights Observers (HRO) polizeiliche Räumungen informeller Lebensorte im nordfranzösischen Küstengebiet. In den monatlichen Berichten der Organisation spiegelt sich die unfassbar hohe Zahl der Räumungen in Calais ebenso wie die Massivität der Räumungen bei Dunkerque. Für das Jahr 2023 liegen bislang nur unvollständige Zahlen vor. Dennoch möchten wir versuchen, das Ausmaß und die Intensität der Räumungen zu umreissen.
Erneut endete eine versuchte Grenzpassage bei Calais tödlich. Aus ersten Medienberichten geht hervor, dass ein Exilierter bei der Kontrolle eines Lastzugs leblos entdeckt wurde. Offenbar war er von der Ladung eingeklemmt und getötet worden. Der Leichenfund ereignete sich in Transmarck, einem Gewerbegebiet, das auf den Frachtverkehr nach Großbritannien spezialisiert ist und daher seit Jahren auch eine Zwischenstation für Geflüchteten ist, die nicht die Mittel für eine Bootspassage besitzen.
[Updated] Die Häufung von Todesfällen in der Ärmelkanalregion setzt sich fort. Seit 2015/16 sind tödliche Ereignisse nicht über einen so langen Zeitraum so dicht aufeinander gefolgt wie in diesem Herbst. Dieser düstere Befund spiegelt das hohe Risiko der Bootspassagen bei anhaltend ungünstiger Witterung, die nur sehr kurze Zeitfenster zulässt, in denen dann sehr viele Menschen die Passage versuchen. Andere Todesfälle ereigneten sich im Umfeld der nordfranzösischen Camps, auf Straßen und Schienen, als Suizide oder im Zuge gewaltsamer Verteilungskämpfe um knappe Ressourcen. All dies hängt direkt oder indirekt mit dem hohen migrationspolitischen Druck zusammen, der auf den Exilierten beiderseits des Ärmelkanals lastet und von kommerziellen Schleusern – denen gern die alleinige Verantwortung zugeschrieben wird – kapitalisiert wird. Über einige der jüngsten Todesfälle haben wir bereits berichtet. Hier ein Überblick über die Fälle, die sich seither ereignet haben oder die erst jetzt bekannt wurden.
Die wichtigsten Camps im nordfranzösischen Küstengebiet wurden am 30. November 2023 zeitgleich geräumt und über 1200 Menschen auf Aufnahmezentren in ganz Frankreich verteilt. Es war eine der größten Räumungen seit 2016 – und die erste simultan in Dunkerque und Calais durchgeführte. Wenige Tage vor der Räumung hatten wir Gelegenheit, uns einen Eindruck von der Situation in den betroffenen Camps zu verschaffen – es war eine Reise in ein Krisengebiet.
[Korrigiert, siehe unten] Im November 2023 starben in Calais zwei Exilierte an Verletzungen, die sie bei gewaltsam ausgetragenen Konflikten mit anderen Exilierten erlitten hatten. Die beiden Todesfälle resultieren aus zunehmenden Spannungen, die durch die bewusste Verknappung von Ressourcen noch verschäft werden.