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Eine toxische Verheißung (2)

Das „Ruanda-Modell“ in den Europawahl-Programmen von CDU/CSU und EVP. Eine Aktualisierung

Vor einigen Wochen haben wir an dieser Stelle einen Überblick zur Adaption des britischen Ruanda-Deals durch deutsche Parteien gegeben: Ausgehend von der rechtsextremen AfD, haben CDU, FDP und BSW die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten in ihre Europawahlprogramme aufgenommen, lediglich SPD und Linkspartei sprechen sich dagegen aus (siehe hier). Nun hat sich auch die Europäische Volkspartei (EVP), aus deren Reihen die amtierende EU-Kommissionspräsidentin kommt, das Konzept zueigen gemacht. Der rechte Flügel der britischen Tories, der den Ruanda-Deal 2022 auf den Weg gebracht hat, ohne ihn jemals umsetzen zu können, erweist sich währenddessen immer deutlicher als Teil der rechtsextremen Mobilmachung gegen die liberale Demokratie und Gewaltenteilung.

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Baldige Entscheidung im Ruanda-Verfahren

Während in der deutschen Migrationsdebatte Forderungen nach Asylpartnerschaften mit Drittländern laut werden, steht das Urteil zum umstritten Plans der britischen Regierung noch aus – wird jedoch für die kommende Woche erwartet. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Großbritanniens über die Rechtmäßigkeit der Abschiebung von Asylbewerber*innen nach Ruanda könnte dabei auch wegweisend für ähnliche Vorhaben in der deutschen Migrationspolitik sein. Wir nehmen es deshalb als Anlass, die wichtigsten Informationen und Entwicklungen zum britischen Ruanda-Deal hier zusammenfassen.

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Juristischer Rückschlag für den Ruanda-Plan

Das Vorhaben der britischen Regierung, Geflüchtete nach der Passage des Ärmelkanals unabhängig von ihrer Herkunft und gegen ihren Willen nach Ruanda abzuschieben, hat am heutigen 29. Juni 2023 einen Rückschlag erfahren. Dem in zweiter Instanz ergangenen Urteil zufolge ist der Ruanda-Plan der Regierung teilweise rechtswidrig, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass Ruanda betroffene Menschen weiter in ihr Herkunftsland abschiebt. Insofern könne Ruanda nicht als ‚sicheres Drittland‘ angesehen werden. Allerdings stellte das Gericht weder die Rechtswidrigkeit des Ruanda-Plans als solchen fest, noch sprach es Ruanda aus anderen Gründen, etwa aufgrund der Menschenrechts- und Sicherheitslage, den Status des ‚sicheren Drittstaats‘ ab. Gleichwohl könnte das Urteil für die antimigrantische Politik der Regierung Sunak zum Problem werden.

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Deportationen nach Ruanda? Folgen des High-Court-Urteils

Direkte Folgen des Urteils

Obwohl der britische High-Court den Migrationsdeal der Regierung zur Deportation von Asylsuchenden nach Ruanda für grundsätzlich zulässig erklärt hat, sind in nächster Zeit keine Abschiebeflüge nach Ruanda zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass die Kläger_innen das Urteil in den beiden nächsthöheren Instanzen, dem Court of Appeal und schließlich dem Supreme Court anfechten, und das Urteil erst nach diesem Berufungsverfahren rechtskräftig wird. Bis dahin (genauer gesagt bis drei Wochen nach Rechtskraft des endgültigen britischen Urteils) bleiben die Abschiebeflüge nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 15. Juni 2022 ausgesetzt.

Selbst wenn danach der Ruanda-Deal umgesetzt wird, haben die ursprünglich für den ersten Abschiebeflug vorgesehenen Menschen eine gute rechtliche Chance, sich gegen Deportation nach Ruanda erfolgreich zu wehren: Während der High Court keine grundsätzlichen rechtlichen Hürden gegen den Ruanda-Plan erkennen mochte, hat er die Entscheidung in den Einzelfällen als unangemessen eingestuft und eine erneute Entscheidung angeordnet.

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Dimensionen der Post-Brexit-Grenzpolitik

Calais, August 2020. (Foto: T. Müller)

Die britische Politik gegenüber den small boats im Ärmelkanal durchläuft eine Veränderung. Diese vollzieht sich auf mehreren Handlungsebenen und weist zwei scheinbar entgegengesetzte Enwicklungslinien auf: Während einerseits neue multilaterale Formate unter Einbeziehung Deutschlands entstehen, tritt andererseits ein Primat des Nationalen hervor, das die Vielzahl einzelner Praktiken und Vorhaben ideologisch überwölbt. Die Post-Brexit-Grenzpolitik scheint sich in ihrer Radikalität den Grenzpolitiken von Staaten wie Ungarn, Italien oder Polen anzunähern. Dabei inszenieren sich britische Konservative mit eigenständigen Ideen als Avantgarde einer neuen internationalen Flüchtlingspolitik. Ob dies gelingen kann, ist alles andere als ausgemacht. In einer losen Folge von Beiträgen werden wir an dieser Stelle einige Dimensionen dieser Post-Brexit-Grenzpolitik ausleuchten. Wir beginnen mit einen Überblick.

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High Court erlaubt Deportationen nach Ruanda

Der britische High Court hat in einer Entscheidung vom 19. Dezember 2022 den vorläufig gestoppten Plan der britischen Regierung für rechtmäßig erklärt, Menschen, die in Großbritannien Asyl beantragen, nach Ruanda zu verbringen, wo sie ein Asylverfahren nach ruandischem Recht durchlaufen können.

In seiner Presseerklärung erklärt das Gericht, die britische Regierung habe Beweise dafür vorgelegt, dass sie mit der ruandischen Regierung Vereinbarungen getroffen habe mit dem Ziel, dass über den Asylanspruch der nach Raunda verbrachten Personen zutreffend entschieden werde. Unter diesen Bedingungen sei die Verbringung von Asylsuchenden nach Ruanda vereinbar mit der Genfer Flüchtlingskonvention und anderen gesetzlichen Verpflichtungen der Regierung, einschließlich des Human Rights Act von 1998.

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Rede einer Besessenen

Vorstellung der neuen britischen Innenministerin, 6. September 2022. (Quelle: Britische Regierung / Twitter)

Seit dem 6. September 2022 amtiert die frühere Generalstaatsanwältin Suella Braverman als Innenministerin der Regierung Truss. Bereits während ihrer Kandidatur für den Vorsitz der Konservativen Partei hatte sie angekündigt, sie werde die Bootspassagen im Ärmelkanal stärker bekämpfen, das Abkommen mit Ruanda umsetzen und rechtliche Hindernisse ausräumen. In ihrer Grundsatzrede auf dem Parteitag der Tories in Birmingham am 4. Oktober 2022 machte sie nun erneut deutlich, dass die Bekämpfung der Kanalroute eines ihrer zentralen politischen Ziele ist. Wie genau, bleibt noch unklar. Aber während ihrer Amtszeit könnten Angriffe auf rechtstaatliche Normen zum Mittel der Wahl werden.

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Konservative Utopie und kontrafaktische Politik: Zum Rücktritt Priti Patels

Meldung des BBC-Journalisten Simon Jones zur Ankunft von Channel crossers in Großbritannien, 5. September 2022 (Quelle: Simon Jones / Twitter)

In wenigen Tagen, vielleicht auch nur in wenigen Stunden, werden so viele Menschen den Ärmelkanal seit Jahresbeginn in kleinen Booten passiert haben wie im gesamten Jahr 2021. Waren es damals rund 28.500 Personen, so sind es in diesem Jahr bereits knapp 27.500. Das Erreichen der jeweiligen Vorjahreszahl und die darin sichtbare Dymanik der Migration auf der Kanalroute sind im britischen Mediendiskurs seit einigen Jahren ein symbolbelades Ereignis. In diesem Jahr fällt es mit der Entscheidung über die Übernahme des Parteivoritzes der Konservativen Partei und damit der künftigen Regierungsgeschäfte durch Liz Truss zusammen – und mit dem Rücktritt von Innenministerin Priti Patel, die auf diese Weise vermutlich ihrer Entlassung durch Truss zuvorkam.

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Britischer Populismus, albanische Migration und ein geleakter Militärreport

Die britische Boulevardpresse erlaubt momentan aufschlussreiche Einblicke, und zwar sowohl in Interna des britischen Grenzregimes, als auch in das konservative Campaigning zur Rettung des britisch-ruandischen Migrationsdeals. Nebenher macht ein Blick in die Boulevardpresse eine aktuelle Tendenz der Migration auf der Kanalroute sichtbar, nämlich eine verstärkte Präsenz albanischer Migrant_innen. Letzteres wird von konservativen Hardlinern skandalisiert, belegen die Albaner_innen doch scheinbar, dass die Channel crossings keine Fluchtmigration seien und der vehemente Protest linker, liberaler und kirchlicher Organisationen gegen den britisch-ruandischen Migrationsdeal auf Fakes basiere. Grundlage dieser Skandalisierung ist ein geleakter Report des britischen Militärs, das seit April 2022 für die Bekämpfung der kanalüberfreifenden Bootsmigration zuständig ist.

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Analyse des britischen Ruanda-Deals

https://migration-control.info/one-way-ticket-nach-afrika/

Wir freuen uns, auf eine vertiefende Analyse des britisch-ruandischen Migrations-Deals hinweisen zu können: Der Beitrag unter dem Titel One-way-Ticket nach Afrika entstand als gemeinsames Projekt der Journalistin Sabine Schlindewein mit der Redaktion unseres Blogs und wurde auf dem Portal Migration Control veröffentlicht. Er beleuchtet den Versuch der britischen Regierung, Geflüchtete unabhängig von ihrer Nationalität und Herkunft nach Ruanda zu verbringen, aus einer doppelten Perspektive: der migrationspolitischen Entwicklung Großbritanniens und Ruandas. Aus dem Inhalt: