Bootspassagen nach Großbritannien beginnen nicht nur im Küstengebiet bei Dunkerque, Calais und Boulogne-sur-Mer. In diesem Jahr legten auch von der Küste der Picardie mehr Schlauchboote nach Großbritannien ab. In der Folge verstärkten die Behörden dort ihre Präsenz. Der zunehmende Überwachungsdruck im Zentrum des Geschehens könnte das Ausweichen auf neue Küstengebiete verstärken.
Monat: September 2024
Das Border Security Command und die Re-Europäisierung der britischen Migrationspolitik
Am Tag ihres Amtsantritts, dem 5. Juli 2024, beendete die Labour-Regierung den Plan ihrer Vorgängerregierung, Geflüchtete nach der Überquerung des Ärmelkanals nach Ruanda zu verbringen. Auch der Illegal Migration Act, das gesetzgeberische Kernstück dieser Politik, wurde damit hinfällig. Aus den eingesparten Mitteln wird nun eine neue Institution geschaffen, um Polizei, Strafverfolgung und Nachrichtendienste zu bündeln: Das Border Security Command (BSC). Zugleich will die Regierung Starmer Antiterror-Methoden gegen Schleusungskriminalität anwenden und wieder stärker auf die europäische Zusammenarbeit setzen – voraussichtlich mit fatalen indirekten Folgen für die Exilierten auf der Kanalroute.
Leichenfund auf See
Bereits in der Vergangenheit wurden in Ärmelkanal und Nordsee Leichen von Exilierten entdeckt, die bei der versuchten Passage des Ärmelkanals gestorben waren (siehe hier, hier und hier). Ein weitere Leichenfund datiert vom 15. September 2024. Lokale Medien gehen davon aus, dass es sich um den Körper einer Migrantin handelt.
In kurzer Folge dokumentieren wir momentan tödliche Situationen auf der Kanalroute, und auch die Anzahl der Opfer pro Zwischenfall nimmt deutlich zu. Nach dem Tod von zwölf Menschen am 3. September (siehe hier und hier) starben in den Nachtstunden des heutigen 15. September acht Exilierte bei einer gescheiterten Bootspassage nach Großbritannien.
Ob Labour, Tories oder rechte Randalierer*innen: in Großbritannien wollen alle die Flüchtlingsboote über den Ärmelkanal stoppen. Für jene, die darin sitzen, bedeutet dieser Diskurs eine Gefahr, die immer öfter tödlich endet.
Während einer Bootspassage kam es am 7. September 2024 im Ärmelkanal zu einem weiteren, möglicherweise tödlichen Vorfall. Zwei Exilierte sprangen ins Wasser, um eine andere Person zu retten, und werden nun selbst vermisst. Die Suche nach ihnen verlief ergebnislos.
September 2024
Wir verlinken hier eine Auswahl aktueller Meldungen aus den Medien und Beiträge von Exilierten und Aktivist_innen und mit Bezug zur Situation im kontinentaleuropäisch-britischen Migrationsraum.
Zwei Tage nach der schweren Havarie vor Kap Gris-Nez am 3. September 2024 sind weitere Umstände bekannt geworden. Es hat sich bestätigt, dass zwölf Menschen starben, darunter sechs Minderjährige; zwei weitere Menschen sind auf See verschollen und dürften kaum überlebt haben. Inzwischen wirft ein Medienbericht kritische Fragen hinsichtlich der Rettungseinsatzes auf, während die übliche politische Instrumentalisierung der Katastrophe einsetzt – und ablenkt von den strukturellen und politischen Ursachen der Tode.
Im Seegebiet zwischen Calais und Boulogne-sur-Mer ereignete sich am heutigen 3. September 2024 eine der schwersten Havarien auf dieser Migrationsroute überhaupt. Französische Medien und Behörden berichten von mindestens zwölf Todesopfern, zwei Vermissten und zahlreichen Verletzten. Hier ein erster und vorläufiger Überblick.