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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Zwei weitere Todesfälle bei Calais und Dunkerque

Wenige Tage nach dem Tod einer Eritreerin bei einer Bootspassage (siehe hier) starben zwei weitere Geflüchtete im nordfranzösischen Grenzraum. Beide Todesfälle ereigneten sich am 30. September 2023: In Calais wurde ein Mann von einem Zug erfasst und in Loon-Plage bei Dunkerque ertrank ein Mann in einem Kanal.

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Dunkerque & Grande-Synthe

Zerstörung einer Distribution Area

In Loon-Plage kommt es in unregelmäßigen Abständen zur Räumung des Jungle, zuletzt am 8. August 2023. Mehrfach verschob sich damit der Standort des Camps, allerdings innerhalb eines überschaubaren Gebiets. Eine unverzichtbare Anlaufstelle für die zeitweise mehr als tausend Bewohner_innen ist die distribution area, auf der mehrere unabhängige Kollektive materielle und medizinische Hilfe bereitstellen. Am 13. September wurde dieser Platz unbrauchbar gemacht: Ein Bagger zerwühlte das Gelände großflächig. Doch so brachial das Vorgehen war, so planlos erscheint es zugleich.

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Dunkerque & Grande-Synthe

„Somewhere safe and stable“

Bericht einer irakischen Ortskraft der US-Armee aus dem Jungle von Dunkerque

Jungle von Loon-Plage bei Dunkerque nach einer Räumung, Mai 2023. (Foto: Th. Müller)

Der folgende Erfahrungsbericht stammt von einem Mann aus dem kurdischen Teil des Irak, der als Ortskraft der amerikanischen Armee tätig gewesen war. Er beschreibt die Umstände, die ihn zur Flucht zwangen, seinen Weg nach Nordfrankreich und seine Erfahrungen im Jungle von Loon-Plage bei Dunkerque. Genau dort wurde der Bericht im Frühjahr 2023 aufgezeichnet. Wir übernehmen ihn mit freundlicher Genehmigung des Aachener Zeitungskollektivs Tacheles, das ihn im Juli 2023 erstmals veröffentlichte.

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Channel crossings & UK

20.000 Bootspassagen seit Jahresbeginn

Aufbruch zur Bootspassage, Loon-Plage, August 2023. (Foto: Hana Anane)

Die Zahl der Bootspassagier_innen auf der Kanalroute erreichte am 29. August die medial viel beachtete Marke von 20.000. Dies sind etwas weniger Personen als im Vorjahr, als dieselbe Zahl bereits am 14. August erreicht wurde (siehe hier). Der jährliche Anstieg der Bootspassagen, wie wir ihn seit 2018 gesehen haben, setzt sich in diesem Jahr also nicht fort. Vielmehr liegen die Zahlen seit einigen Monaten etwas unter denen von 2022, aber deutlich über denen von 2021. Daher dürfte 2023 das Jahr mit den zweitmeisten Bootspassagen seit der Etablierung der Kanalroute (2018) werden. Von ihrem populistischen Ziel, die small boats zu stoppen, bleibt die britische Regierung also weit entfernt. Gleichzeitig werden neue Risiken auf See sichtbar.

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Dunkerque & Grande-Synthe

„Du verdienst nicht, was du durchleben musst“

Ein Interview mit No Border Medics über die Arbeit in den Camps bei Dunkerque

No Border Medics in Loon-Plage, Winter 2022/23. (Foto: Enzo Leclerq / Instagram @enzorhino)

Seit Herbst 2022 ist No Border Medics in Nordfrankreich präsent. Die neu gegründete NGO mit Sitz in Hamburg arbeitet vor allem in den Camps von Grande-Synthe, Loon-Plage und Mardyck bei Dunkerque. Dabei stützt sie sich auf ein Kernteam mit Berufen im Gesundheitsbereich und auf internationale Volunteers. Wir sprachen Mitte Juni per WhatsApp mit der Koordinatorin für die Arbeit in Dunkerque, Hana Anane, über medizinisches Arbeiten inmitten des Grenzregimes.

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Dunkerque & Grande-Synthe

Camps und Räumungen in Loon-Plage

Nach der Räumung des Camps von Loon-Plage, Mai 2023. (Foto: Th. Müller)

Im Dezember 2022 verlagerte sich das größte Camp von Exilierten im Raum Dunkerque, der Jungle von Loon-Plage, auf ein neues Areal. Das neue Camp wurde im Mai 2023 geräumt. Daraufhin besetzten die Exilierten einen sogenannten Empfangsplatz für fahrendes Volk, eine in Frankreich bestehende Infrastrutkur vor allem für Sinti*zze und Roma*nja. Wie lange das Camp dort bleiben wird, ist ungewiss. Hier ein Überblick über die Entwicklung des letzten halben Jahres und über die massiven Räumungen im Mai.

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Channel crossings & UK Dunkerque & Grande-Synthe

Strafprozess wegen tödlicher Havarie im Herbst 2021

In den ersten Novembertagen des Jahres 2021 starben an der nordfranzösischen Küste mehrere Exilierte (siehe hier). Ihre Todesfälle ereigneten sich unabhängig voneinander teils auf See, teils an Land. In Dunkerque wurde einer dieser Fälle nun vor Gericht verhandelt. Angeklagt war ein kurdischer Mann aus dem Iran, dem fahrlässige Tötung, Beihilfe zur Überfahrt und Gefährdung anderer Personen vorgeworfen wurde. Der Prozess endete mit einem Schuldspruch, zeigte jedoch auch, dass der Angeklagte nicht zu den Profiteuren der gescheiterten Grenzpassage gehörte.

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Dunkerque & Grande-Synthe

Ein Camp im Chlornebel

Über ein Sicherheitsdfizit im Zentrum der sekuritisierten Grenze

Industrieanlagen in Loon-Plage, März 2022. (Foto: Th. Müller)

Am späten Nachmittag des 20. Februar 2023 zog ein Nebel über das Gelände des Jungle von Loon-Plage und löste bei zahlreichen Geflüchteten gesundheitliche Beschwerden aus. Der Nebel war bei einem Industrieanfall freigesetzt gesetzt worden und erwies sich im Nachhinein nicht als lebensbedrohlich. Aber was wäre gewesen, wenn es sich um ein aggressiveres Gemisch gehandelt hätte? In dem Camp fehlten grundlegende Voraussetzungen für eine angemessene und schnelle (Selbst-) Hilfe, und zwar infolge der antimigrantischen Routinen der Behörden. Der Zwischenfall in Loon-Plage wirft daher ein Schlaglicht auf ein sonst wenig beachtetes Risiko dieser hochgradig präkarisierten Lebensorte.

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Dunkerque & Grande-Synthe

Tödlicher Schuss im Jungle von Loon-Plage

Am frühen Morgen des 14. Februar 2023 wurde ein Mann aus dem Irak in einem Camp bei Loon-Plage westlich von Dunkerque erschossen. Über das Opfer, die Tat und ihre Hintergründe ist bislang nur wenig bekannt. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass in dem als Jungle von Loon-Plage bekannten Camp Menschen durch Schusswaffen verletzt und auch getötet wurden. Neben den unfassbar elenden Lebensbedingungen sind zirkulierende Waffen, aber auch gewaltsam ausgetragene Konflikte und Machtdemonstrationen rund um das Geschäft mit Schleusungen, seit Langem ein Problem.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Wie eine Leistungsschau repressiver Grenzpolitik

Human Rights Observers dokumentieren einen Höchstwert von über 1.700 Räumungen im Jahr 2022

Verortung von Fällen und Opfern von Polizeigewalt in Frankreich seit 2018. (Screenshot: Violences Policières)

Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Räumungen informeller Lebensorte von Geflüchteten auf einen Höchstwert. Es waren über 1.700 Fälle, davon 96,5 % in Calais und die übrigen in der Umgebung von Dunkerque. Auch die Zahl der beschlagnahmten oder zerstörten Subsistenzgüter und persönlichen Sachen bleibt hoch. Die französische Grenzregion erweist sich damit einmal mehr ein Raum, in dem rechtstaatliche Normen im Vollzug einer restriktiven grenzpolitischen Agenda gebeugt werden. Dies verdeutlicht auch ein Vergleich der nordfranzösischen Grenzregion mit dem übrigen Frankreich.