Ein Video vermittelt eine visuelle Vorstellung von der Situation in den Camps von Calais und Grande-Synthe. Es begleitet Aktivit_innen von Utopia 56 und Care4Calais bei ihren Aktivitäten in Calais und Grande-Synthe. Zu sehen sind u.a. die ausgedehnten Zeltcamps des Jungle von Calais und die in den Hallen von La Linière errichteten Camps in Grande-Synthe.
Da der Film nur in französischer Sprache zur Verfügung steht, hier eine inhaltliche Zusammenfassung:
Mit den immer unmöglicheren Lebensbedingungen in den migrantischen Niederlassungen um Calais und Dunkerque nimmt die Anspannung in diesen Tagen zu. Zusätzlich zur Routine von Polizeigewalt und Räumung sowie dem Covid-19-Ausbruch kommt derzeit die Angst, in ein Aufnahmelager gebracht zu werden, weit entfernt vom Kanal, ohne Chance von dort aus Großbritannien zu erreichen. Auch für die verbliebenen Freiwilligen wird die Situation zunehmend schwierig, wie der folgende Bericht eines Mitglieds von Utopia 56 zeigt:
Die in Calais tätige britische Organisation Care4Calais veröffentlichte am 19. April 2020 über Facebook die Ergebnisse einer Umfrage unter 150 Geflüchteten in Calais und Grande-Synthe (Dunkerque). Es ist die erste durch Befragungen einer größeren Gruppe ermittelte Stimmungsbild seit dem Beginn der Corona-Krise. Sie zeigt u.a., dass Ängste in Bezug auf die konkrete Lebenssituation und die Ernährungslage größer sind als die Furcht vor einer Infektion, worin sich auch nach Ansicht der Organisation die desaströse Versorgungslage und das fehlende Vertrauen in den französischen Staat spiegeln.
Wie die Auberge des Migrants am 15. April und Medicins du Monde Hautes-de-France am 16. April über Facebook berichteten, fanden am Mittwoch, dem 15. April morgens die ersten Räumungen des Camps in der Ruine La Linière in Grande-Synthe statt (zu Abgrenzung von Räumung, Evakuierung und Auflösung siehe hier).
Wie die Regionalzeitung La Voix du Nord am 6. April 2020 berichtet, ging die Evakuierung des Jungle in Calais weiter. Am Montag seien weitere 70 Migrant_innen mit Bussen in Unterkünfte in der Region Hauts-de-France gebracht worden. Somit scheinen sich zumindest aktuell die Befürchtungen einer zwangsweisen Verbringung in entferntere Regionen noch nicht zu bewahrheiten. Die Region Hauts-de-France entstand am 1. Januar 2016 durch den Zusammenschluss der bisherigen Regionen Nord-Pas-de-Calais und Picardie.
In den Monaten Januar bis März 2020 führten die Polizeibehörden in Calais und Grande-Synthe mindestens 320 Räumungen durch. In Calais waren es rund 100 Räumungen im Monat. Auch im März, als die Corona-Pandemie ausbrach, verringerte sich die Zahl kaum. Allein für die Zeit des Lockdown, der am 17. März begann, sind dokumentieren die Human Rights Obervers 45 Räumungen – und damit 45 vermeidbare Ansammlungen einer großen Zahl von Menschen. Die monatlichen Berichte der Gruppe vermitteln einen Einblick in Strukturen und Praxen einer auf Zermürbung zielenden Politik vor Beginn und am Anfang der Krise.
Posting der Human Rights Observers vom 23. März 2020 zu einer Räumung des Jungle von Calais während des Lockdown. Am rechten Rand des Bildes sind Zelte erkennbar, die während der Aktion abgestellt wurden, während ihre Besitzer_innen das Ende der Polizeiaktion abwarten. (Quelle: https://twitter.com/HumanRightsObs/status/1242135838915473408)
Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie setzten Diskussionen und Spekulationen über eine mögliche Räumung des Jungle von Calais und der übrigen Camps ein. In diesem Kontext wurde Freitag, der 27. März, als ein möglicher Zeitpunkt genannt. Angesichts dieser Unsicherheit (und vor dem Hintergrund früherer Erfahrungen mit Räumungen, insbesondere der Räumung des größten Jungle im Oktober 2016) veröffentlichte die Hilfsorganisation Care4Calais eine Reihe akuter Fragen:
Die belgische Ärztin Stephanie de Maesschalck reiste am 22. März 2020 nach Grande-Synthe bei Dunkerque, nachdem sie von einer katastrophalen Verschlechterung der Situation dort erfahren hatte.