Kategorien
Channel crossings & UK

Auf dem Irrweg

Jungle von Calais, April 2016. (Foto: Th. Müller)

Migrationspolitik nach der Ratifizierung des Ruanda-Deals

Seit Ende April greift die britische Regierung zu Maßnahmen gegen sogenannte Illegale, die in liberalen Demokratien beispiellos sind: Nachdem Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat erklärt wurde, werden Geflüchtete inhaftiert, um sie im Sommer dorthin auszufliegen. Ein System zur Unterbringung Schutzsuchender verwandelt sich in ein System der Haft. Ein Teil der Betroffenen verlässt das Land und reist über die irische Landgrenze wieder in die EU ein, die sie mit der Passage des Ärmelkanals verlassen hatten. Irland kündigt Notstandsmaßnahmen an. Internationale Organisationen protestieren scheinbar folgenlos. Es ist ein Szenario, als würden Rassemblement National in Frankreich oder AfD in Deutschland die Agenda setzen. Was bedeutet dies? Für diejenigen, die per Boot oder Laster nach Großbritannien eingereist sind, sind die Folgen existenziell: Verlust der Freiheit. Abschiebung in ein Land, in das sie nie wollten. Scheitern der Reise, für die sie Leben und Besitz riskiert haben. Für manche noch Schlimmeres. Doch auch für liberale Demokratie, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit bedeutet der britische Irrweg eine Bedrohung. Wir versuchen einen Überblick.

Kategorien
Dunkerque & Grande-Synthe

Die Zäune von Loon-Plage

Zaun zwischen der Route du Port Fluvial und einem Bahngleis, April 2024. (Foto: Calais Border Monitoring)

Der Bau weitläufiger Zäune verändert seit einigen Monaten den Jungle von Loon-Plage. Wer für den Bau der Anlage verantwortlich ist, wer ihn finanziert und welches Ausbauziel erreicht werden soll, bedarf weiterer Recherchen. Doch bereits jetzt ist sichtbar, dass die Anlage einen Einschnitt darstellt. Dabei gilt die Situation im Jungle momentan als extrem angespannt.

Kategorien
Allgemein Channel crossings & UK

Tendenz zu größerer Brutalität

Brennendes Schlauchboot bei einem Polizeieinsatz, April 2024. Das Foto wurde von Exilierten aufgenommen und von Utopia 56 veröffentlicht. (Credits: Utopia 56)

Protokoll einer Recherche in Nordfrankreich

Mehrmals berichteten wir an dieser Stelle über gewaltsames Vorgehen gegen ablegende Boote an nordfranzösischen Stränden. Zudem registrierten wir, dass es bei Ablegemanövern wiederholt zu Todesfällen kam. Mitte April sprachen wir in Calais und Dunkerque mit mehreren NGOs über diese Entwicklung. Wir wollten verstehen, ob solche Fälle lediglich häufiger publik werden, oder ob sie eine Tendenz zur Wahl brutalerer Methoden anzeigen. Hier unser Protokoll.

Kategorien
Dunkerque & Grande-Synthe

Tödlicher Unfall in Loon-Plage

[Update, 20. April 2024]

Erneut ist im Kontext mit der kanalübergreifenden Migration ein Mensch gestorben. Der Todesfall ereignete sich am 18. April 2024 bei Dunkerque, lokale Berichte sprechen von einem Verkehrsunfall. Das Opfer ist nicht identifiziert. Nach unserer Zählung ist es der vierzehnte Todesfall seit Jahresbeginn. Möglicherweise steht der Tod im Zusammenhang mit dem Bau von Sperranlagen im Gebiet des Jungle von Loon-Plage.

Kategorien
Calais

Erneute Räumung in Calais

Das seit Jahren als informeller Lebensort genutzte Gebiet an der Grenze der Kommunen Calais und Marck war am 4. April 2024 erneut Schauplatz von einer größeren Räumung (zu früheren siehe hier, hier, hier und hier). Etwa hundert Menschen wurden in Aufnahmezentren außerhalb von Calais gebracht. Die lokale Menschenrechtsorganisation Human Rights Observers wirft den Behörden ein unverhältnismäßiges und inhumanes Verhalten vor.

Kategorien
Benelux & Deutschland

Tod auf der belgischen Küstenautobahn

Auf der belgischen Küstenautobahn starb in den Nachtstunden des 4. April 2024 eine unbekannte Person. Sie wurde auf der Fahrbahn von mehreren Fahrzeugen überrollt. Die belgischen Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen Migranten auf dem Weg nach Großbritannien handelt. Wenn sich dies bestätigt, so ist es nach unserer Zählung mindestens der dreizehnte Todesfall im Zusammenhang mit der Kanalroute seit Jahresbeginn.

Kategorien
Dunkerque & Grande-Synthe

Tötungsdelikt in Loon-Plage

In der Nähe des Jungle von Loon-Plage bei Dunkerque ist am 1. April 2024 erneut ein Mensch getötet worden. Es ist dort bereits das zweite Tötungsdelikt seit Jahresbeginn, nachdem es in den Vorjahren wiederholt zu tödlicher Gewalt gekommen war. Die Taten werden kriminellen Netzwerken zugeschrieben, doch die Hintergründe der aktuellen Tat sind bislang unklar.

Kategorien
Channel crossings & UK

Noch nie so viele Bootspassagen im Winter

Polizeieinsatz gegen ein ablegendes Boot, 21. März 2024. (Foto: Osmose62)

Zwischen dem 1. Januar und dem 21. März überquerten 4.306 Exilierte den Ärmelkanal in Schlauchbooten. In den Vorjahren hatte die Zahl bei 3.836 (2022) bzw. 3.683 (2023) gelegen. Noch nie hat es in einem Winter also so viele Bootspassagen auf der Kanalroute gegeben, und dies, obschon die Zahl der Passagen im Gesamtjahr 2022 erstmals rückläufig war (siehe hier). Der Anstieg in den Wintermonaten bedeutet zugleich ein höheres Risiko, das durch die Fokussierung der Ordnungskräfte auf die Anfahrtwege und Ablegestellen der Boote nicht vermindert, sondern erhöht wird.

Kategorien
Dunkerque & Grande-Synthe

Der Todesfall in der Aa hat sich bestätigt

In der Nacht zum 3. März 2024 meldeten Exilierte den mutmaßlichen Tod eines der ihren. Er sei, so berichteten sie, im kanalisierten Fluss Aa bei Gravelines ertrunken, als er zu ihrem Boot gelangen wollte. Am 12. März machten zivilgesellschaftliche Organisationen den Fall publik, veröffentlichten Fotos des Vermissten und warfen den Behörden vor, nur unzureichend nach dem Vermissten gesucht zu haben (siehe hier). Inzwischen wurde eine Leiche entdeckt, bei der es sich höchst wahrscheinlich um den Vermissten, den 27jährigen Jumaa Alhasan aus Syrien, handelt. Zugleich lässt der Fall ein gravierendes Fehlverhalten der Behörden erkennen.

Kategorien
Channel crossings & UK

Ruanda, Plan B

Britischen Medien zufolge arbeitet die britische Regierung an einem alternativen Verfahren, um illegalisierte Migrant_innen nach Ruanda zu verbringen. Anders als der bisherige Ruanda-Deal, der die zwangsweise Deportation in das afrikanische Land und den Ausschluss der Betroffenen aus britischen Anerkennungsverfahren vorsieht, soll das neue Verfahren auf freiwilliger Basis erfolgen und sich an ein gescheitertes Anerkennungsverfahren anschließen. Außerdem ist von einem finanziellen Anreiz die Rede. Das Vorhaben ist jedoch keine Abkehr vom bisherigen Ruanda-Deal, der parallel dazu weiter verfolgt wird.