Weitere Indizien unterstreichen die Vermutung, dass sich die Havarie, bei der am 24. November 2021 mindestens 27 Menschen starben, im britischen Hoheitsbereich ereignet hat. Die beiden Überlebenden sowie Angehörige von Opfern hatten dies übereinstimmend gegenüber der kurdischen Mediengruppe Rustaw berichtet. Außerdem hatten die Überlebenden geschildert, dass die telefonisch alarmierten Küstenwachen beider Staaten wechselseitig behauptet hätten, das Boot befände sich im jeweils anderen Hoheitsgebiet – mit dem Ergebnis, dass keine Rettung erfolgte, bis ein Fischer die im Wasser treibenden Leichen entdeckte (siehe hier). Darüber hinaus wurde nun die Aussage eines Geflüchteten publik, der wenige Tage vor der Havarie eine ähnlich kafkaeske Situation erlebt hatte. Das offensichtliche Versagen der britischen Küstenwache könnte also kein Einzelfall gewesen sein.
Schlagwort: Havarie
Eine Woche nach der tödlichen Havarie am 24. November 2021 vor Calais (siehe hier, hier und hier) geben Recherchen des kurdischen Privatsenders Rudaw mit Sitz in Erbil ein detaillierteres Bild des Geschehens. Basierend auf Interviews mit den beiden Überlebenden und mit Angehörigen der Opfer wird deutlich: Die Passagier_innen setzten Notrufe an die französischen und britischen Küstenwachen ab, die jeweils auf die Zuständigkeit des anderen Landes verwiesen. So blieb jede Hilfe aus, bis schließlich französische Fischer mehr als zwölf Stunden, nachdem das Boot in Seenot geraten war, die im Wasser treibenden Leichen entdeckten. Die Recherchen legen außerdem nahe, dass sich das Boot bereits in britischen Hoheitsgewässern befand, als die Situation an Bord lebensbedrohlich war. Die britischen Behörden würden in diesem Fall eine Mitverantwortung für den Tod von mindestens 27 Menschen tragen.
Der Tod vor Calais (2)
Während der Tod von 27 Menschen im Ärmelkanal internationale Aufmerksamkeit erfährt, werden allmählich genauere Informationen über die Opfer bekannt. Demnach handelte es sich vor allem um irakische bzw. iranische Kurd_innen. Nach Angaben der französischen Behörden starben 17 Männer, sieben Frauen und drei Minderjährige; eine der Frauen war offenbar schwanger. In Sangatte bei Calais wurde außerdem die Leiche einer weiteren Person angespült, möglicherweise ebenfalls ein Geflüchteter, der bei einem früheren Passageversuch das Leben verloren haben könnte. Aber auch dies ist wie vieles andere momentan noch unklar. Hier eine weitere Überblick über die Situation einen Tag nach der Havarie.
Der Tod vor Calais
Die Informationen sind noch lückenhaft. Klar ist aber, dass sich am heutigen 24. November 2021 die bislang schlimmste Havarie auf der Kanalroute ereignet hat. Mindestens 31 Geflüchtete, so hieß es bis zum späten Abend, ertranken nördlich von Calais, mindestens eine weitere Person gilt als vermisst. [Update: Während der Nacht korrigierten die Behörden die Zahl auf 27 Todesopfer.]Während unter den lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Calais Trauer und Wut herrschen, reiste Innenminister Gérald Darmanin nach Calais. Die Regierungschefs Großbritanniens und Frankreichs beriefen Krisensitzungen ein. Hier eine Zusammenfassung der aktuell vorliegenden Meldungen.