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Saisonaler Rückgang der Bootspassagen

Während der September mit der Überfahrt von knapp 2.000 Menschen der bislang verkehrsreichste der Kanalroute war, ist die Anzahl im Oktober auf weniger als 500 gesunken. Erstmals in diesem Jahr verzeichneten die britischen Behörden damit einen signifikanten Rückgang der Bootspassagen. Allerdings zeigen die Zahlen auch, dass nach wie vor mehr Menschen die französisch-britische Seegrenze auf diesem Wege überqueren als in den Vorjahresmonaten. Die starke Frequentierung der Kanalroute hält also an. Der Rückgang ist vor allem saisonal bedingt.

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„Operation Sillath“ und die Abschiebung von Bootsflüchtlingen

Ein Zwischenfazit

Abschiebung eines sudanesischen Mannes von Großbritannien nach Rennes (Frankreich) am 1. Oktober 2020. (Foto: Corporate Watch)

Nach der Ankündigung der britischen Regierung im Spätsommer, möglichst viele der Geflüchteten abzuschieben, die den Ärmelkanal in Schlauchbooten passiert hatten (siehe hier), zeichnen sich die Konturen dieser Operation nun genauer ab. Zugleich ist es immer fraglicher, ob die Regierung ihr Ziel von mindestens 1.000 Abschiebungen tatsächlich wird erreichen können.

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Pushbacks auf See, schwimmende Barrieren, Offshore-Internierung

Durch Recherchen der Zeitungen Guardian und Fiancial Times wurden in den vergangenen Tagen Details über Gedankenspiele und Testläufe eines radikalisierten britischen Grenzregimes bekannt. Diese unterscheiden sich grundlegend von den zwischenstaatlichen Regelungen und Routinen, die die seit den 1980er Jahren zwischen Großbritannien und Frankreich etabliert wurden. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen Pushbacks an der französisch-britischen Seegrenze in der Mitte des Ärmelkanals, die mögliche Errichtung einer schwimmenden Barriere und Offshore-Internierungen von Channel crossers nach australischem Vorbild. Nichts davon ist bisher Realität. Was aber deutlich wird, ist die Orientierung der Regierung Johnson und des Home Office (Innenministerium) an einigen der repressivsten Grenzregimen der Welt.

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“Der Brexit stoppt die Boote nicht”

Ankunftsland UK (I): Der Londoner taz-Korrespondent Daniel Zylbersztajn im Gespräch über seinen Besuch in Dover Mitte September

Border Force- Boot verlässt den Hafen von Dover.
(c) Daniel Zylbersztajn 2020

Als wir vor rund einem halben Jahr diesen Blog begannen, standen am Anfang unsere Erfahrungen in Orten wie Calais, Dunkerque, Boulogne, in Zeebrugge oder Oostende oder Hoek van Holland – allesamt an der kontinentalen Küste des Ärmelkanals. Deutlich seltener als dorthin führten Recherchereisen uns hinüber nach Großbritannien – eine Tatsache, die sich auch in den hier veröffentlichten Texten spiegelt.

Gerade in der derzeitigen Lage, in der die Spannungen um die Boots-Überquerungen stetig zunehmen und ein No Deal-Brexit zusehends wahrscheinlicher wird, scheint es uns wichtig, diesen Fokus zu erweitern und mehr auf die britische Perspektive einzuzoomen.

Daher sollen hier in den nächsten Wochen in loser Reihenfolge mehrere Artikel erscheinen, die auf die Verhältnisse im Vereinigten Königreich eingehen – an den Küsten, an denen MigrantInnen ankommen, aber auch im Inland, wo diese Boote und ihre Insassen ein wichtiger Teil eines vielfach irrationalen und xenophoben politischen Diskurses sind.

Passend dazu befragten wir auch Daniel Zylbersztajn, langjähriger London-Korrespondent der Berliner Tageszeitung und seit den 1990ern im UK, zu seinen Beobachtungen im Hafen von Dover, aber auch zu gesellschaftlichen Hintergründen. Seine Reportage in der taz steht hier.

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Großbritannien plant 1.000 Abschiebungen

Nachdem im August die ersten Abschiebeflüge von Geflüchteten stattfanden (siehe hier), die den Ärmelkanal in Booten passiert hatten, plant das britische Innenministerium nun „mindestens 1.000“ weitere Abschiebungen nach Frankreich, Deutschland und Spanien. Grundlage der bereits durchgeführten und noch geplanten Maßnahmen ist die Dublin-III-Verordnung der EU. Während der Brexit-Übergangsphase bis Jahresende kann Großbritannien diesen rechtlichen Hebel noch zur Abschiebung von Channel migrants nutzen, später voraussichtlich nicht mehr. Die geplanten 1.000 Abschiebungen können also nur in einem begrenzten Zeitfenster stattfinden und dürften, wie die detailliert dokumentierten Flüge im August befürchten lassen, meist gewaltsam vonstatten gehen.

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Hohe Chance und fragile Sicherheit

Zur Dynamik der Kanalroute im Spätsommer 2020

Im August 2020 hat die Dynamik der Bootspassagen über den Ärmelkanal erwartungsgemäß weiter zugenommen, um sich im September fortzusetzen. Wie bereits im gesamten Jahresverlauf (siehe etwa hier, hier und hier) melden britische Behörden und Medien einen neuen Höchstwert erfolgreicher Channel crossings: 5.385 Menchen erreichten zwischen dem 1. Januar und 6. September erfolgreich britisches Hoheitsgebiet. Allein im August wurde die Ankunft von ungefähr 1.500 Menschen (BBC: 1.468 bzw. Sky News: 1.562 Personen) registriert. Am 2. September erreichten über 400 Migrant_innen in 27 Booten die Insel, nachdem stürmisches Wetter die See in den Tagen zuvor schwer passierbar gemacht hatte. Beide Zahlen sorgten als neue Monats- bzw. Tagesmaxima für Schlagzeilen. Was aber verraten die Zahlen darüber hinaus?

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Sommer der Passagen

Die Dynamisierung der Kanalroute und die Radikalisierung ihrer Bekämpfung

Über 4.000 Menschen sind seit Jahresbeginn auf über 300 kleinen Booten durch den Ärmelkanal nach Großbritannien eingereist. Vierzig Prozent der Passagen erfolgte seit dem 1. Juli, über 1.000 allein im Juli. Wenn die Situation anhält, werden in diesem Sommer so viele Passagen gelungen sein wie im gesamten Zeitraum seit der Etablierung der Kanalroute im Herbst 2019. Dies markiert einen bisherigen Höhepunkt der channel crossings und läßt die Dynamik dieser bislang wenig beachteten innereuropäischen Migrationsroute zu Tage treten. Zugleich radikalisiert die britische Regierung ihre Grenzpolitik und wird möglicherweise das Militär einsetzen. Wir verfolgen diese Dynamiken seit der Gründung des Blogs (siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier) und werden sie weiter ausleuchten. Hier ein Überblick über die vergangenen Wochen.