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Channel crossings & UK

Allmählicher Start des britischen Lagersystems

Die seit dem Frühjahr geplanten Massenunterkünfte der britischen Regierung für Bootspassagiere (siehe hier) nehmen allmählich ihren Betrieb auf. Mitte Juli wurden die ersten 46 Männer auf das stillgelegte Militärgelände Wethersfield in der Grafschaft Essex gebracht, weitere 50 Männer sollen am morgigen 1. August auf dem Schiff Bibby Stockholm in Portland untergebracht werden. Die Kapazität dieser beiden sowie einer dritten Anlage soll bis zum Herbst stark erhöht werden, auch mit Hilfe von Zelten.

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Channel crossings & UK

11.500 Bootspassagen in der ersten Jahreshälfte

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres ist rund 11.500 Exilierten die Überfahrt nach Großbritannien gelungen. Nach einer Phase mit starkem Wind nahm die Zahl der Passagen im Juni stark zu. Wenige Tage zuvor hatte der britische Premierminister Rushi Sunak von einem Rückgang der Passagen um 20 % gesprochen und für sich in Anspruch genommen, durch seine stop the boats-Politik eine Trendwende bewirkt zu haben. Doch die aktuelle Entwicklung widerspricht dieser Darstellung.

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Channel crossings & UK

Juristischer Rückschlag für den Ruanda-Plan

Das Vorhaben der britischen Regierung, Geflüchtete nach der Passage des Ärmelkanals unabhängig von ihrer Herkunft und gegen ihren Willen nach Ruanda abzuschieben, hat am heutigen 29. Juni 2023 einen Rückschlag erfahren. Dem in zweiter Instanz ergangenen Urteil zufolge ist der Ruanda-Plan der Regierung teilweise rechtswidrig, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass Ruanda betroffene Menschen weiter in ihr Herkunftsland abschiebt. Insofern könne Ruanda nicht als ‚sicheres Drittland‘ angesehen werden. Allerdings stellte das Gericht weder die Rechtswidrigkeit des Ruanda-Plans als solchen fest, noch sprach es Ruanda aus anderen Gründen, etwa aufgrund der Menschenrechts- und Sicherheitslage, den Status des ‚sicheren Drittstaats‘ ab. Gleichwohl könnte das Urteil für die antimigrantische Politik der Regierung Sunak zum Problem werden.

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Channel crossings & UK

Zahl der Bootspassagen geht leicht zurück

Ärmelkanal bei Calais. (Foto: Th. Müller)

Etwas mehr als 7.000 Menschen erreichten Großbritannien seit Jahresbeginn in unsicheren Schlauchbooten. Damit steigt die Zahl der Bootspassagen im Vergleich zum Vorjahr zum ersten Mal nicht weiter an, sondern geht leicht zurück. Seit der Etablierung der Channel crossings ab dem Herbst 2018 war die Kanalroute von Jahr zu Jahr stärker frequentiert worden; zuletzt war die Zahl der Ankünfte von rund 28.000 im Gesamtjahr 2021 auf rund 46.000 in 2022 angestiegen. Auf diesem Niveau scheint sich die Migration zurzeit einzupendeln.

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EU verhandelt über Frontex-Einsatz am Ärmelkanal

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex ist seit Ende 2021 an der französischen Kanalküste mit einem Flugzeug im Einsatz (siehe hier und hier). Am Rande des Gipfeltreffens des Europarats in Reykjavík einigten sich der britische Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen nun darauf, den Frontexeinsatz durch ein Abkommen zu regeln. Bezogen auf das politische Streitthema der undokumentierten Migration über den Ärmelkanal wäre es die erste Vereinbarung zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union seit dem Brexit. Angekündigt ist allerdings lediglich eine Vereinbarung auf Arbeitsebene, nicht aber das von der Londoner Regierung seit langem eingeforderte Vertragswerk zur umfassenden Bekämpfung der Bootspassagen.

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Calais Channel crossings & UK

Der Sudan und Calais

Über die Verweigerung eines sicheren Migrationspfades

École du Darfour im Jungle von Calais kurz vor ihrer Zerstörung im Oktober 2016. (Foto: Th. Müller).

Die britische Regierung rechtfertigt ihre antimigrantische Agenda gern mit dem Verweis auf sichere und legale Routen für Geflüchtete. Allerdings sind die wenigen nicht illegalisierten Migrationspfade auf einzelne Herkunftsgruppen beschränkt und sollen in Zukunft an Obergrenze gekoppelt sei. Diejenigen, die den Ärmelkanal inoffiziell überqueren, haben in aller Regel keinen Zugang zu diesen Routen. Zu ihnen gehören seit zwei Jahrzehnten auch Geflüchtete aus dem Sudan, die in Calais zeitweise die größte Herkunftsgruppe bildeten. Seit der Eskalation der Machtkämpfe innerhalb des sudanischen Militärregimes am 15. April 2023 schließt die britische Regierung es demonstrativ aus, eine legale und sichere Route für geflüchtete Sudaner_innen in das Vereinigte Königreich auch nur er erwägen. In ihrer Begründung operiert sie mit falschen Behauptungen.

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Channel crossings & UK

Fragwürdige Prognosen zur Kanalroute

Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am 19. April, die britische Regierung erwarte die Ankunft von 56.000 Bootspassagier_innen im laufenden Jahr. Dies wären etwa zehntausend Personen mehr als im Jahr 2022. Tatsächlich jedoch liegt die Zahl der Menschen, die seit Jahresbeginn auf der Kanalroute übergesetzt sind, momentan etwas unter dem Vorjahr. Auch im vergangenen Jahr hatten britische Medien über amtliche Prognosen berichtet, die stark über der tatsächlichen Zahl der Geflüchteten auf der Kanalroute lagen.

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Das Schiff Bibby Stockholm

Ein antimigrantisches Symbol wird Teil der britischen Grenzpolitik

Darstellung der Bibby Stockholm auf der Website der Eigentümerfirma. (Quelle: Bibby Marine)

Das Schiff Bibby Stockholm ist eine Art transportabler Wohnblock, in dem in den vergangenen Jahrzehnten wechselweise Asylsuchende, Abschiebehäftlinge und Arbeiter_innen maritimer Baustellen lebten. In Deutschland erlangte das Schiff in den 1990er-Jahren eine fragwürdige Bekanntheit, als es als Massenunterkunft in Hamburg diente. Aufgrund seiner Geschichte kann das Schiff als ein migationspolitisches Symbol gelesen werden: Nicht mehr auf See, aber noch nicht an Land, symbolisierte einen Aufenthalt ohne Ankommen, ein Leben unter Vorbehalt. In einigen Monaten soll das Schiff nun im südenglischen Hafen Portland Geflüchtete beherbergen. Die Maßnahme ist Teil einer massiven Verschärfung der britischen Grenz- und Asylpolitik, die sich gezielt gegen Menschen richtet, auf Schlauchbooten nach Großbritannien gelangen und von einem Asyl auf britischem Boden radikal ausgeschlossen werden sollen.

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Die „Illegal Migration Bill“ – wirksame Abschreckung der „small boats“?

Am 7. März 2023 hat die Regierung in London ein neues Gesetz zur „Verhinderung und Abschreckung illegaler Migration“, insbesondere über „unsichere und illegale Routen“, vorgestellt. Die “Illegal Migration Bill“ ist die insgesamt 43. Initiative der britischen Regierung zur Änderung des Asylrechts in den letzten drei Jahren und der Versuch, das Versprechen des aktuellen Premierministers Rishi Sunak, die Zahl der Migrant*innen, die den Ärmelkanal in small boats überqueren, einzudämmen.

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Etwa 3.000 Bootspassagen am Vorabend von Sunaks Kampagne

In der beginnenden Woche wird der britische Premierminister Rishi Sunak zunächst seine Pläne zur Verschärfung des Asylrechts darlegen und wenige Tage später mit dem französischen Präsidenten Macron zu einem Regierungsgipfel zusammenkommen. Voraussichtlich wird es auf eine Gesetzesinitiative zur Deportation aller Bootsmigrant_innen nach Ruanda oder in ein anderes Drittland hinauslaufen, die u.a. durch die Festsetzung der betroffenen Menschen in lagerähnlichen Einrichtungen flankiert sein wird. Ob es Sunak außerdem gelingt, Frankreich oder die EU zu einem seit Jahren angestrebten Rücknahmeankommen zu bewegen, wird sich zeigen. Was jedoch jetzt bereits klar ist: Ungeachtet aller auf Abschreckung zielenden Kampagnen der vergangenen Monate und Jahre ist die Zahl der Bootspassagen in diesem Winter weiter angestiegen. Wie die BBC unter Berufung auf das Innenministerium mitteilt, erreichten seit Jahresbeginn 2.950 Menschen in small boats britisches Hoheitsgebiet. Die Marke von 3.000 Passagier_innen war im Jahr 2022 erst in der zweiten Märzhälfte und im Jahr 2021 im Mai erreicht worden (siehe hier und hier).