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Calais

Räumung bei Coquelles

Coquelles ist eine kleine Landgemeinde westlich von Calais, deren Gebiet zu weiten Teilen von den Betriebsanlagen des Kanaltunnels und den zugehörigen Verkehrsinfrastrukturen in Anspruch genommen wird. Infolge der Räumungswellen in Calais im Sommer dieses Jahres siedelte ein Teil der Migrant_innen dorthin über. Im Schatten der zahlreichen Bootspassagen über den Ärmelkanal mehren sich die Versuche, dort ein Versteck in einem Lastwagen mit dem Ziel Großbritannien zu finden. Am 13. November 2020 fand nun nahe der Gemeindegrenze Calais‘ zu Coquelle eine groß angelegte Räumung statt. Es war die erste Operation dieser Größenordnung seit dem Beginn des zweiten Confinement (siehe hier).

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Calais Corona

Zweite Welle. Ein Lagebericht

Als Reaktion auf die zweite Welle der Corona-Pandemie etablierte die französische Regierung im Oktober 2020 schrittweise einen neuen Lockdown. Die im Französischen als confinement bekannte Maßnahme umfasst im Kern eine Kontakt- und Ausgangssperre, die zunächst für die am stärksten betroffenen Regionen während der Nacht verhängt, am 30. Oktober dann auf das gesamte Land und die gesamte Tagesdauer ausgeweitet wurde. Die Maßnahme ähnelt dem ersten Confinement von März bis Juni 2020. Für einen Teil der in prekären Camps lebenden Menschen eröffnete die Seuche damals eine Möglichkeit, vorübergehend und freiwillig in eine feste Unterkunft wechseln zu können. Für die meisten jedoch verschärfte das Confinement die Lebensbedingungen in den Camps, auch weil elementare Versorgungsstrukturen, darunter die Verteilung warmer Mahlzeiten und der Zugang zu Trinkwasser, ganz oder teilweise wegbrachen. Gleichzeitig hielten die Räumungen und Gewaltakte durch Polizeikräfte unvermindert an oder nahmen sogar noch zu. Wir haben diese multiple Krise auf diesem Blog umfassend dokumentiert (siehe die Beiträge unter der Kategorie: Corona). In diesem und einigen folgenden Beiträgen wird es nun um die Zeit des zweiten Confimenent gehen – hier zunächst ein Überblick.

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Channel crossings & UK

Saisonaler Rückgang der Bootspassagen

Während der September mit der Überfahrt von knapp 2.000 Menschen der bislang verkehrsreichste der Kanalroute war, ist die Anzahl im Oktober auf weniger als 500 gesunken. Erstmals in diesem Jahr verzeichneten die britischen Behörden damit einen signifikanten Rückgang der Bootspassagen. Allerdings zeigen die Zahlen auch, dass nach wie vor mehr Menschen die französisch-britische Seegrenze auf diesem Wege überqueren als in den Vorjahresmonaten. Die starke Frequentierung der Kanalroute hält also an. Der Rückgang ist vor allem saisonal bedingt.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

“Man möchte Geflüchteten zeigen, dass Europa kein Ort ist, um sich niederzulassen”

Jonathan Becker verbrachte den Sommer als Freiwilliger in Calais und Dunkerque. Sein Rückblick liest sich wie eine Chronik dieses Jahres mit all seinen Zuspitzungen. Ein Interview.

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Calais Channel crossings & UK Dunkerque & Grande-Synthe

Hintergrund: Wie tödlich ist die Grenze?

„Für die Opfer dieser Grenze“. Gedenktafel an der Kirche Saint-Joseph in Calais (Foto: Thomas Müller)

Das Ertrinken von Shiva Mohammad Panahi, Rasul Iran Nezhad, ihrer Kinder Artin, Armin und Anita sowie zweier weiterer Menschen vor Loon-Plage am 27. Oktober 2020 (siehe hier und hier) war das bislang schlimmste Unglück während einer migrantischen Bootspassagen nach Großbritannien. Mit ihrem Tod stieg die Zahl der Menschen, die durch das kontinentaleuropäisch-britische Grenzregime ihr Leben verloren haben (und von denen wir dies wissen) auf beinahe 300. In keiner anderen Grenzregion im Inneren Europas gab es nach dem Ende des Kalten Krieges und der Auflösung des Eisernen Vorhangs so viele Grenztote wie in der Region rund um den Ärmelkanal. Trotz der räumlichen Nähe ist diese Tatsache kaum je in das Bewußtsein der kritischen Öffentlichkeit in Deutschland gerückt. Daher hier ein Überblick.

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Channel crossings & UK Dunkerque & Grande-Synthe

Zu den Toten von Loon-Plage und Sangatte

Wie inzwischen bekannt wurde, starben bei dem Bootsunglück am 27. Oktober im Ärmelkanal vor Loon-Plage (siehe hier) mehr Personen als zunächst angenommen: nicht vier Menschen, sondern sieben. Auch über den am 18. Oktober am Strand von Sangatte tot aufgefundenen Mann (siehe hier) ist inzwischen Näheres bekannt. In Grande-Synthe, wo offenbar alle diese Menschen gelebt hatten, hat es unterdessen wieder eine gewaltsame Räumung gegeben.

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Channel crossings & UK Dunkerque & Grande-Synthe

“Der Kanal darf kein Kinderfriedhof werden! ”

Vier Tote, ein vermisstes Kleinkind, 15 Personen, die mit zum Teil schweren Unterkühlung im Krankenhaus liegen: das Bootsunglück vor Loon-Plage bei Dunkerque am Dienstag ist die bisher größte Flüchtlings-Katastrophe im Ärmelkanal. An der grundlegenden Konstellation ändert sich am Tag danach nichts: während Unterstützer-  und Menschenrechtsorganisationen sichere Passagen nach Großbritannien fordern, droht die Regierung in London den Schleusern. Für MigrantInnen wird die Lage kurz vor dem Winter immer unerträglicher.

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Dunkerque & Grande-Synthe

„Schikane und Zermürbung“

Interview mit den Human Rights Observers zur Lage der Menschenrechte in Grande-Synthe

Neben Calais ist Dunkerque der zweitwichtigste französische Hafen mit Fährverbindungen nach Großbritannien. Daher gibt es auch dort seit Langem informelle Camps, in denen früher fast ausschließlich irakische und iranische Kurd_innen, später auch Geflüchtete auf Afghanistan und anderen Ländern lebten. Die meisten Camps befinden sich in Grande-Synthe, einer benachbarten Kleinstadt. Der damalige grüne Bürgermeister Damien Carême hatte dort 2016 das Gelände La Linière für den Bau eines „humanitären Lagers“ bereitgestellt, das von vielen als positive Alternative zum Calaiser Jungle wahrgenommen wurde. Nach einem Brand, der das Lager im April 2017 fast vollständig zerstörte, wurde es geschlossen, doch siedelten sich im Winter 2019/20 einige hundert Migrant_innen in den baufälligen Ruinen von La Linière an, bis diese im Juni 2020 erneut geräumt wurden (siehe hier). Wie bereits früher, dient heute ein weitläufiges Erholungs- und Naturgebiet namens Puythouck als Lebensort der Menschen on the move. In der Öffentlichkeit wurden und werden sie viel weniger wahrgenommen als die Geflüchteten in Calais. Auch auf unserem Blog sind sie in den vergangenen Moanten weitgehend aus dem Blick geraten. Wir haben daher die Initiative Human Rights Observers, die seit drei Jahren die Entwicklung in Calais und Grande-Synthe verfolgt (siehe hier, hier und hier), um eine Einschätzung gebeten. Im Mittelpunkt des schriftlich geführten Interviews stehen die Menschenrechtslage und das Polizeiverhalten.

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Calais

Wieder Räumung eines Calaiser Camps

Der Unicorn Jungle in Calais nach der Räumung am 22. Oktober 2020. (Foto: Human Rights Observers)

Nach den zahlreichen Polizeioperationen der vergangenen Monate ist am 22. Oktober 2020 ein weiteres Camp mit dem Ziel geräumt worden, die Bewohner_innen dauerhaft von dem Gelände zu verbannen. Betroffen war diesmal ein Camp im Stadtteil Beau Marais, das unter dem Namen Unicorn Jungle bekannt war und an dem seit einigen Wochen rund 300 Exilierte gelebt hatten.

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Channel crossings & UK Solidarität

“Wir sind die Augen des Kanals”

Ankunftsland UK (Teil II): Interview mit der Initiative Channel Rescue

Seit Ende September ist auf der britischen Seite des Kanals die Initiative Channel Rescue aktiv. Ein Netzwerk aus Freiwlligen, um die Küste konstant zu beobachten, hinsichlich Überfahrten, Menschenrechten und möglicher Pushbacks. Im Interview geht es daneben auch um die Rolle der crossings im politischen Diskurs in Großbritannien, den nahenden Brexit und die nationalistischen Aktivisten, die sich ebenfalls auf den Klippen von Dover tummeln (und auf die ein weiterer Beitrag auf diesem Blog demnächst näher eingehen wird).