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Channel crossings & UK

20.000 Bootspassagen seit Jahresbeginn

Ein Team von Care4Calais heißt Bootspassagier_innen nach ihrer Ankunft in Großbritannien willkommen, August 2022. (Foto: Care4Calais)

Die Frequentierung der Kanalroute nimmt weiterhin stark zu. Nachdem das britische Verteidigungsministerium am gestrigen 13. August die Ankunft von 604 Personen in 14 Booten bestätigte, liegt die Gesamtzahl der Bootspassagier_innen seit Jahresbeginn nun über 20.000. Im vergangenen Jahr war diese Zahl erst Anfang November erreicht worden (siehe hier) und ein weiteres Jahr zuvor waren es während des gesamten Jahres weniger als zehntausend Personen gewesen. Die Ankündigungen der konservativen britischen Regierung, den Markt für kommerziell angebotene Bootspassagen durch immer existenziellere Maßnahmen gegen die Exilierten austrocknen zu wollen, erweisen sich erneut als Wunschdenken.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Utopia 56 über Polizeigewalt im Vorfeld von Bootspassagen

Seit Beginn des Jahres gelang rund 14.000 Menschen die Bootspassage des Ärmelkanals. Auf ihrer Reise sind die nordfranzösischen Strände der letzte Ort, an dem die französischen Behörden regulär und systematisch eingreifen, um das Ablegen der Boote zu unterbinden. Befindet sich ein Boot bereits auf See, wird es in den französischen Hoheitsgewässern nicht an der Weiterfahrt gehindert – so die Faustregel, bevor im Frühjahr dann doch ein Pullback-Fall bekannt wurde (siehe hier). Nach wie vor aber fokussieren die Polizei- und Gendarmeriebehörden ihre personellen und technischen Ressourcen auf einschlägige Küstenstreifen und deren Hinterland; auch die Luftüberwachung durch Frontex konzentriert sich auf dieses Gebiet. Die weitläufigen und bei Nacht meist menschenleeren Strand- und Dünengebiete sind zum Schauplatz der Auseinandersetzung um das Ablegen der Boote geworden, in deren Verlauf es schon in der Vergangenheit zu gewalttätigen Übergriffen auf Migrant_innen kam (siehe hier). Aktuell meldet Utopia 56 eine Zunahme dieser Form grenzpolitischer Gewalt und macht drei Fälle öffentlich, die sich zwischen dem 3. und 6. Juli 2022 ereignet haben.

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Scheitert die Militarisierung der Kanalgrenze?

Nach der Rücktrittsankündigung von Boris Johnson als britischer Premierminister loten mehrere führende britische Verteidigungspolitiker das Ende des Einsatzes der Royal Navy zur Verhinderung von Kanalpassagen in kleinen Booten aus. Laut einem Beitrag des Guardian vom 9. Juli sind sie angesichts wachsender globaler Sicherheitsbedrohungen frustriert darüber, Ressourcen für einen Plan aufzuwenden, der aus ihrer Sicht bereits gescheitert ist: seit der Übernahme der Führung durch die Marine Mitte April, seien doppelt so viele Überfahrten registriert worden wie in den drei Monaten davor.

Watchkeeper-Drohne auf dem Flughafen Lydd in Kent im August 2020 (Foto: Corporal Anil Gurung, Ministry of Defence (United Kingdom). Lizenz: OGL3)
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Anklage gegen Mitverantwortliche am Tod von 27 Exilierten

Wie französische Medien berichten, wurden Ende Juni fünfzehn Personen in Polizeigewahrsam genommen. Sie werden verdächtigt, als Angehörige einer Schleusungsorganisation für die Havarie am 24. November 2021 verantwortlich zu sein, bei der mindestens 27 Menschen im Ärmelkanal ertranken. Es war die tödlichste Havarie in der Geschichte der Kanalroute. Doch beleuchtet die nun beginnende strafrechtliche Aufarbeitung nur einen Teil des Geschehens, das zur Katastrophe führte.

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10.000 Passagen einer militarisierten Grenze

Im Ärmelkanal, Mai 2022. (Foto: Channel Rescue).

Wie britische Medien Anfang Juni meldeten, haben seit Jahresbeginn 9.988 Personen die britische Seegrenze in kleinen Booten passiert. Inzwischen dürfte ihre Zahl auf über 10.000 angestiegen sein. Zum Vergleich: Im Vorjahr war Mitte Juni die Zahl von 5.000 (siehe hier) und Anfang August die Zahl von 10.000 Bootspassagier_innen (siehe hier) erreicht worden, und 2019 hatte die Zahl bei Jahresesende noch unter 2.000 gelegen. Das Überschreiten der symbolpolitisch gut verwertbaren 10.000er-Marke dürfte den populistischen Diskurs in Großbritannien weiter anheizen, obwohl sie eher das Scheitern einer auf Migrationsverhinderung fokussierten Politik offenbart. Trotz der massiven Einschnitte der britischen Regierung in das Asylsystem, trotz der Drohung mit Deportationen nach Ruanda und trotz der Kompetenzübertragung auf das Militär – alle diese Maßnahmen datieren in die erste Jahreshälfte – wurde die Kanalroute von doppelt so vielen Menschen frequentiert wie ein Jahr zuvor.

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Die Bootspassagen und das Ruanda-Programm

Ablegestelle der Boote: Die Slack-Dünen bei Wimereux zwischen Calais und Boulogne-sur-mer, März 2022. (Foto: Th. Müller)

Zwischen der Unterzeichnung der britisch-ruandischen Vereinbarung zur zwangsweisen Umsiedlung von Asylsuchenden am 13. April und der Verabschiedung des verschärften Einwanderungsgesetzes am 27. April (siehe hier und hier) sank die Zahl der Bootspassagen auf der Kanalroute von 651 Passagieren (13. April) auf Null zwischen dem 20. und 30. April. Dieser Rückgang war offensichtlich witterungsbedingt, doch kam er der britischen Regierung gelegen, suggerierte er doch eine unmittelbare abschreckende Wirkung der geplanen Ruanda-Abschiebungen. In der Tat lösten die Pläne der Regierung Ängste aus, doch bedeutet dies keineswegs, dass sie die Bootspassagen des Ärmelkanals stoppen werden. Die Zahl der Passagen liegt in den ersten vier Monaten dieses Jahres bislang um das Dreifache höher als im Vorjahreszeitraum und eine Umfrage unter Geflüchteten in Calais und Dunkerque ergab, das die Mehrzahl von ihnen trotz des Ruanda-Programms die Bootspassage versuchen wird. Auch das Programm selbst lässt sich nicht so schnell realisieren, wie es die Regierung angekündigt hatte. Die juristische Anfechtung zeigt Wirkung.

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Aus für Pushbacks im Ärmelkanal

Tweet der Gewerkschaft PCS zum Erfolg der Klage gegen Pushbacks, 25. April 2022 (Quelle: PCR Union / Twitter).

Wie die Public and Commercial Services (PCS) Union, Care4Calais, Channel Rescue und Freedom from Torture am heutigen 25. April 2022 mitteilen, hat die britische Regierung ihr Vorhaben aufgegeben, die Boote von Geflüchteten im Ärmelkanal gewaltsam zurückzudrängen. Die vier Organisationen haben damit einen bedeutenden menschenrechtspolitischen Erfolg erzielt: Denn im Zuge ihrer gemeinsamen Klagen gegen die seit Spätsommer 2021 vorbereiteten Pushbacks war ans Licht gekommen, dass die Regierung frühzeitig darüber informiert war, dass sie diese Maßnahme aus rechtlichen Gründen nie gegen Asylbewerber_innen würde anwenden können. Dennoch hielt sie an ihrem Vorhaben fest und täuschte darüber hinaus gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit vor, im legalen Rahmen – wenn auch unter eng umrissenen Bedingungen – solche Pushbacks durchführen zu können. Eine Woche vor der Anhörung des Falls vor dem High Court teilte die Regierung nun mit, dass sie ihre bisherige Pushback-Politik aufgegeben hat.

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Etwa 3.000 Bootspassagen seit Jahresbeginn

Freiwillige geben Notrationen und Wasser an Bootspassagiere aus, die an der englischen Küste von Dungeness an Land gebracht wurden, März 2022. (Foto: Channel Rescue)

Hatten im Januar überraschend viele Migrant_innen den Ärmelkanal in unsicheren Booten passiert (siehe hier), so unterbrachen die heftigen Stürme im Februar den irregulären Verkehr nach Großbritannien für einige Wochen. Nach ihrem Abklingen zeigt sich nun, dass noch nie so viele Menschen diesen lebensgefährlichen Migrationspfad während des Winters passierten als in diesem Jahr. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass sich die von Jahr zu Jahr stärkere Frequentierung der Kanalroute auch in diesem Jahr fortsetzen wird.

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Ein leiser Hauch von Pazifik

Wie ein ehemaliger australischer Außenminister die britische Grenzpolitik radikalisieren könnte

Zum ersten Mal ihrer Geschichte wird UK-Border Force einer Überprüfung ihrer Strukturen, Befugnisse, Finanzierung und Pritoritäten unterzogen. Was auf den ersten Blick wie ein bürokratisches Verfahren erscheinen mag, ist ein zutiefst politischer Akt, und zwar nicht nur, weil es um die Bekämpfung der Bootsmigration auf der Kanalroute geht. Denn Innenministerin Priti Patel beauftragte eine Person mit der Überprüfung, die für eine besonders repressive Spielart der Migrationspolitik steht: Alexander Downer.

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Notrufe ins Leere

Neue Erkenntnisse zur tödlichen Havarie am 24. November 2021

Wir haben an dieser Stelle mehrfach über die Havarie berichtet, die am 24. November 2021 mindestens 27 Menschen inmitten des Ärmelkanals das Leben kostete (siehe hier, hier, hier und hier). In den Wochen danach griffen wir Berichte der beiden Überlebenden auf, denen zufolge die Menschen auf dem havarierten Boot bereits frühzeitig Notrufe abgesetzt hatten, jedoch stundenlang keine Rettung erfolgte. Ihre Anklage, die von verschiedenen Indizien gestützt wurden, ging noch weiter: Die französischen und britischen Leitstellen hätten wechswelseitig behauptet, das Boot befände sich um Gebiet des jeweils andere Staat und dieser sei für die Rettung zuständig (siehe hier, hier und hier). Bis heute ist nicht genau bekannt, was in den Nacht- und Morgenstunden des 24. November geschah, doch bestätigen Recherchen von France Inter die Aussagen der Überlebenden nun in einem wesentlichen Punkt.