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Calais Channel crossings & UK

„Abdulfatah Hamdallah – Opfer der europäischen Migrationspolitik“

Der Tod von Abdulfatah Hamdallah (siehe hier und hier) ist in Frankreich und Großbritannien zu einem Symbol für die Situation der Migrant_innen am Ärmelkanal geworden. Zugleich nutzten Vertreter_innen beider Regierungen ihn als Bühne, um Forderungen nach einer Verschärfung des Grenzregimes zu formulieren und Schleusern die Schuld an diesem Todesfall zuzuschreiben, obwohl die bisher bekannt gewordenen Fakten gerade diesen Schluss nicht zulassen. Hiergegen richtet sich eine gemeinsame Erklärung von 16 Organisationen, die in verschiedenen wissenschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und aktivistischen Kontexten seit Jahren mit der regionalen Situation vertraut sind. Als einer von mindestens 275 Todesopfern in diesem Grenzraumes ist Abdulfatah Hamdallah, so ihre Argumentation, in erster Linie ein Opfer der europäischen Migrations- und Grenzpolitik. Hier eine Übersetzung der Erklärung.

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Channel crossings & UK

Hohe Chance und fragile Sicherheit

Zur Dynamik der Kanalroute im Spätsommer 2020

Im August 2020 hat die Dynamik der Bootspassagen über den Ärmelkanal erwartungsgemäß weiter zugenommen, um sich im September fortzusetzen. Wie bereits im gesamten Jahresverlauf (siehe etwa hier, hier und hier) melden britische Behörden und Medien einen neuen Höchstwert erfolgreicher Channel crossings: 5.385 Menchen erreichten zwischen dem 1. Januar und 6. September erfolgreich britisches Hoheitsgebiet. Allein im August wurde die Ankunft von ungefähr 1.500 Menschen (BBC: 1.468 bzw. Sky News: 1.562 Personen) registriert. Am 2. September erreichten über 400 Migrant_innen in 27 Booten die Insel, nachdem stürmisches Wetter die See in den Tagen zuvor schwer passierbar gemacht hatte. Beide Zahlen sorgten als neue Monats- bzw. Tagesmaxima für Schlagzeilen. Was aber verraten die Zahlen darüber hinaus?

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Channel crossings & UK

Abschiebungen nach Deutschland und Frankreich

Im Zuge der innenpolitischen Dynamik, die die Bootspassagen des Ärmelkanals diesen Sommer entwickelten, kündigte die britische Regierung Anfang August 2020 eine Welle von Abschiebungen nach Frankreich, Deutschland und in andere EU-Länder an. Die Ankündigung war Teil einer Verschärfung des Grenzregimes, die in der Realität bisher ins Leere läuft: Denn im August passierten so viele Geflüchtete die Kanalroute wie nie zuvor. Als am 12. und 26. August dann Sammelabschiebungen von Channel crossers durchgeführt wurden, war ihre symbolpolitische Bedeutung hoch. Die britische Journalist_innengruppe Corporate Watch hat diese Abschiebungen nun rekonstruiert. Ihr Fazit: „Von einem in Panik geratenen Innenministerium in aller Eile durchgeführt, waren diese Massenabschiebungen besonders brutal und dürften mit erheblichen rechtlichen Unregelmäßigkeiten einhergegangen sein.“ Hier ein Überblick.

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Calais

„Sind wir in Europa? Wir sind im Jungle.“

Polizeiverhalten während einer Räumung im Jungle, August 2020.

Ein heute veröffentlichtes YouTube-Video zeigt einen Polizeieinsatz in Calais aus der Perspektive der Betroffenen. Die Aufnahmen dokumentieren das aggressive Verhalten gegen eine Bewohnerin des Jungle und gegen ihre minderjährige Tochter. Auch andere Gewaltakte wie das gezielte Sprühen von CS-Gas gegen den Kopf einer Person sind zu sehen. „Sind wir wirklich in Europa? Wir sind im Jungle“, heißt es im Untertitel des Films, was sehr genau auf den Punkt bringt, dass menschenrechtliche Normen an diesem Ort suspendiert sind.

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Calais

Neue Räumung

Nach der massiven Räumungswelle vom 10./11. Juli (siehe hier) und 30. Juli (siehe hier), wurde nun ein weiteres Camp geräumt. Diesmal betraf es ein afrikanisches Zeltlager, das nach einer benachbarten Sportanlage als BMX-Camp bezeichnet wurde.

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Channel crossings & UK Solidarität

Eine Botschaft an den Kliffs

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Calais Channel crossings & UK

Abdulfatah Hamdallah

Abdulfatah Hamdallah. (Zeichnung: Passeurs d’hospitalités, 20. August 2020)
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Benelux & Deutschland

Prozessauftakt im Fall Mawda

Im belgischen Mons begann am 6. August der Strafprozess u.a. gegen den Polizisten, der in der Nacht zum 17. Mai 2018 während der Verfolgung eines mutmaßlichen Schleuserfahrzeugs auf die Fahrerkabine geschossen und dadurch das kurdische Mädchen Mawda getötet hatte (siehe hier). Der Fall hatte in Belgien für erhebliches Aufsehen gesorgt. Eine Prozessbeobachterin berichtet.

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Calais

Zone der Zäune

Eine Recherche in Calais

Calais, Route de Gravelines, August 2020. (Foto: Th. Müller)

Die Räumungen ab dem 10. Juli haben (siehe u.a. hier) die migratorische Geographie Calais stärker verändert als jeder andere staatliche Intervention der vergangenen drei Jahre. Das vielleicht charakteristischste Symbol dieser Veränderung ist das, was eine Lokalzeitung kürzlich als Verbunkerung der Zone Industrielle des Dunes bezeichnet hat. Dort, wo bis vor einem Monat mehrere informelle Camps in ihrer Summe den Jungle of Calais bildeten, ist nun von Zäunen gesicherte Leere. Deshalb sind die Camps aber nicht verschwunden. Sie haben sich lediglich über die Stadt und ihre Nachbargemeinden neu verteilt und werden sich vielleicht zu einem neuen Jungle verdichten. Während die Bootspassagen über den Ärmelkanal zum politischen Topthema in Großbritannien wurden und internationale Aufmerksamkeit finden, haben wir uns am 9. August in Calais umgesehen.

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Channel crossings & UK

Sommer der Passagen

Die Dynamisierung der Kanalroute und die Radikalisierung ihrer Bekämpfung

Über 4.000 Menschen sind seit Jahresbeginn auf über 300 kleinen Booten durch den Ärmelkanal nach Großbritannien eingereist. Vierzig Prozent der Passagen erfolgte seit dem 1. Juli, über 1.000 allein im Juli. Wenn die Situation anhält, werden in diesem Sommer so viele Passagen gelungen sein wie im gesamten Zeitraum seit der Etablierung der Kanalroute im Herbst 2019. Dies markiert einen bisherigen Höhepunkt der channel crossings und läßt die Dynamik dieser bislang wenig beachteten innereuropäischen Migrationsroute zu Tage treten. Zugleich radikalisiert die britische Regierung ihre Grenzpolitik und wird möglicherweise das Militär einsetzen. Wir verfolgen diese Dynamiken seit der Gründung des Blogs (siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier) und werden sie weiter ausleuchten. Hier ein Überblick über die vergangenen Wochen.