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Calais

Ermittlungen zum CRS-Einsatz mit Schwerverletztem

Die französische Polizei hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Boulogne-sur-Mer interne Ermittlungen wegen des Einsatzes von Gummigeschossen durch die Polizeieinheit CRS am 11. November 2020 eingeleitet; durchgeführt werden die Ermittlungen von der zuständigen Generalinspektion der Nationalpolizei IGPN (Inspection générale de la police nationale). Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch die am 18. Januar erstatte Anzeige eines 45jährigen Eritreers, der während des Polizeieinsatzes an einem Camp in Calais schwer verletzt worden war (siehe hier). Er hatte unter anderem Knochenbrüche des Gesichts, der Augenhöhlen und der Zähne erlitten und hat sich aufgrund der Verletzungen rund zwei Monate in stationärer Behandlung befunden.

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Dunkerque & Grande-Synthe

Den Kopf waschen

Eine Fotoreportage aus Grande-Synthe (2)

Auf dem schlammigen Boden in Grande-Synthe. (Foto: Julia Druelle).

von Julia Druelle (Calais)

Im Rahmen des Projekts SpeakOut folgte ich im Februar den Freiwilligen der Médecins du Monde France, die medizinische Beratung und Unterstützung in Grande-Synthe organisieren. Ich realisierte zwei Fotoserien über die schrecklichen Lebensbedingungen in dem behelfsmäßigen Camp: Die erste Serie kontentrierte sich auf die heftige Kälte, der hier gezeigte fokussiert den Zugang zu Wasser.

(English version below)

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Dunkerque & Grande-Synthe

Seifenblasen und brennende Wäsche

Eine Fotoreportage aus Grande-Synthe (1)

Lebensmittel auf dem gefrorenen Boden in Grande-Synthe. Unter dem Schnee: der Schlamm. (Foto: Julia Druelle).

von Julia Druelle (Calais)

Im Rahmen des Projekts SpeakOut folgte ich im Februar den Freiwilligen der Médecins du Monde France, die medizinische Beratung und Unterstützung in Grande-Synthe organisieren. Ich realisierte zwei Fotoserien über die schrecklichen Lebensbedingungen in dem behelfsmäßigen Camp: Die hier gezeigte konzentriert sich auf die heftige Kälte, die zweite Serie fokussiert den Zugang zu Wasser.

(English version below)

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Calais Channel crossings & UK

Vermutlich ein tödliches Bootsunglück

Seit der Nacht vom 2./3. März 2021 wird ein junger Sudanese bei Calais auf See vermisst, und nach Lage der Dinge ist es sehr wahrscheinlich, dass er nicht mehr lebt. Wie lokale Medien und das Portal InfoMigrants berichten, waren vier Geflüchtete aus dem Sudan von Sangatte, einer westlichen Nachbargemeinde von Calais, aus mit einem Kanu nach Großbritannien aufgebrochen. Nach dem Kentern des Bootes waren am späten Abend des 2. März zunächst zwei Passagiere unabhängig voneinander im Bereich der im Bau befindlichen Hafenerweiterung von Calais entdeckt worden. Beide hatten sich selbst dorthin gerettet und wurden anschließend im Krankenhaus behandelt. Am folgenden Morgen wurde dann ein weiterer Passagier gefunden. Dieser habe bestätigt, dass noch eine vierte Person an Bord gewesen sei: ein sudanesischer Jugendlicher, der nicht habe schwimmen können. Die daraufhin intensivierte Suchaktion mit Rettungsschiffen und einem Hubschrauber wurde schließlich gegen 15 Uhr bei dichtem Nebel eingestellt. Die Behörden gehen davon aus, dass der junge Mann nicht überlebt hat und sein Körper durch die Strömung in Richtung Belgien und Niederlande getrieben wurde. Aufgrund der niedrigen Temperaturen ist ein Überleben im Wasser nur kurze Zeit möglich. Es wäre der 302. dokumentierte Todesfall im Kontext der kontinentaleuropäisch-britischen Migration.

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Calais

Politikwandel und Räumungs-Moratorium: Eine Intervention der Kirche

In Calais bestand seit Dezember 2020 la Crèche (die Krippe), eine kirchliche Nachtunterkunft für rund 15 minderjährige und schutzbedürftige Migrant_innen (siehe hier). Die konservative Bürgermeisterin Natacha Bouchart ließ die Einrichtung schließen – ausgerechnet in den letzten Tagen der Kälteperiode im Februar, und ausgerechnet unter Verweis auf die Sicherheit der Bewohner_innen. Daraufhin fordern prominente Vertreter_innen der katholischen Kirche und der französischen Caritas (Secours Catholique) nun einen Stopp der Räumungen und Verhandlungen über eine grundlegend andere Migrationspolitik.

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Channel crossings & UK

Am Beginn einer neuen Saison

Zurückgelassenes Schlauchboot an einem Strand bei Calais im Januar 2019. (Foto: Julia Druelle)

In einem der ersten Beiträge dieses Blogs berichteten wir im April 2020 über den zahlenmäßigen Anstieg der Bootspassagen nach Großbritannien (siehe hier). Damals war seit Jahresbeginn etwa 500 Menschen die Überfahrt gelungen – ein Viertel der erfolgreichen Passagen des gesamten Vorjahres. Nun, ein Jahr später, haben in nur zwei Moanten bereits 531 Menschen den Ärmelkanal in kleinen Booten durchquert. Die Dynamik dieser innereuropäischen maritimen Migrationsroute scheint damit ungebrochen zu sein. Ein weiteres Mal kündigte die britische Regierung nun ihre Schließung an, diesmal durch eine Angleichung des Strafmaßes für Menschenschmuggel an das Strafmaß für Mord.

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Calais

Räumungen in Virval und am Krankenhaus

Am gestrigen 25. Februar 2021 führte die Präfektur im Stadtteil Vivral und am Krankenhauses erneut sogenannte mise à l’abri-Operationen durch. Es handelt sich um vermeintlich humanitäre Räumungen, in deren Verlauf die Bewohner_innen der betroffenen Camps nominell freiwillig, oftmals aber gegen ihren Willen, in Zentren (CAES) außerhalb von Calais gebracht werden. Während der aktuellen Räumungen wurden mehr als hundert Personen in diese Einrichtungen transportiert und mehr als 20 festgenommen.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

Vertreibung mit Privatsphäre

Französischer Staatsrat verwirft Klage wegen Behinderung der Berichterstattung

Am 3. Februar 2021 haben zwei Journalist.innen, die nationale Journalistengewerkschaft und die Organisation Utopia 56 vor dem französischen Staatsrat eine juristische Niederlage erlitten. Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung, in der der Staatsrat in etwa eine Rolle wie das deutsche Bundesverfassungsgericht einnahm, war im Wesentlichen die Frage, ob die Polizei den Journalist.innen während der regelmäßigen Räumungen den Zugang zu den Camps verweigern und damit eine Berichterstattung behindern darf, oder ob damit eine grundrechtswidrige Einschränkung der Pressefreiheit einhergeht. Das französische Innenministerium als Streitgegner legte in diesem Verfahren eine überraschende Rechtfertigung des polizeilichen Absperrgürtels vor; der Staatsrat legte in seiner Urteilsbegründung hohe Hürden an, um eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit als erfüllt anzusehen. 

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Calais

Zivilgesellschaftliche Beherbergungen in der Frostperiode

Beherbergung in der „Krippe“, Calais. (Foto: Julia Druelle)

Die heftige Frostperiode, über die wir zuletzt berichteten, ist vorüber. Die Behörden haben den vorübergehend aktivierten plan Grand froid (Großer Frost-Plan) – ein staatliches Programm zur Bereitstellung von Notunterkünften bei Frost – wieder außer Kraft gesetzt. Während dieser kritischen Phase besuchte der Calaiser Blog Passeurs d’hospitalités zwei lokale Initiativen, die Geflüchtete jenseits der behördlichen Maßnahmen unterstützen. Beide Initiativen haben einen kirchlichen Hintergrund und stehen medial eher im Schatten größerer und säkularer Akteure wie Auberge des migrants, Utopia 56 oder Care4Calais. Wir veröffentlichen im Folgenden eine Übersetzung des am 14. Februar publizierten Berichts, der exemplarisch die Möchlichkeit einer menschenwürdigen Beherbergung auf zivilgesellschaftlicher Basis aufzeigt:

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Dunkerque & Grande-Synthe

Erneut ein Todesopfer

Erneut starb ein Mensch im Kontext des britisch-kontinentaleuropäischen Grenzregimes. Nach Angaben verschiedener zivilgesellschaftlicher Initiativen handelt es sich um Loghman, einen iranischen Kurden, der in den Camps von Puythouck in Grande-Synthe bei Dunkerque gelebt hatte. Seine Leiche war am 4. Februar 2021 auf einem Lastwagen in der Nähe der belgisch-französischen Grenze bei Valenciennes entdeckt worden. Von dort führen Autobahnen in Richtung der Fährhäfen von Calais und Dunkerque.