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Brief der Hinterbliebenen der Havarie an Premierminister Sunak

Am Jahrestag der Havarie eines Schlauchbootes am 24. November 2021 richteten Hinterbliebene einen offenen Brief an den britischen Premierminister Rishi Sunak. Sie fordern Gerechtigkeit für die über 30 Opfer, von denen einige nicht einmal tot geborgen werden konnten. Die Familien von neunzehn der Opfer benennen die Verantwortung beider Staaten für das letztlich tödliche Ausbleiben eines Rettungseinsatzes und verlangen eine transparente Aufklärung des Geschehens. Nicht zuletzt fordern sie eine grundlegende Veränderung der Politik gegenüber den Bootsflüchtlingen, die Schaffung sicherer Routen und ein Ende der antimigrantischen Rhetorik der politischen Führung Großbritanniens. Wir dokumentieren den von zivilgesellschaftlichen Akteur_innen mitunterzeichneten Brief in der von Care4Calais veröffentlichten Form:

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Anschlag auf Migrationszentrum im Hafen von Dover

Screenshot einer Videoaufnahme des Anschlags im Hafen von Dover, 30. Oktober 2022. (Quelle: Twitter)

Das Migrant Processing Centre der Border Force im Hafen von Dover wurde am heutigen 30. Oktober 2022 Ziel eines Anschlags. Ersten Medienberichten zufolge warf ein Mann Brandsätze auf die Anlage und soll sich anschließend selbst getötet haben.

[Mit einem Update zum Stand am 3.11.2022]

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Die Legalität der Bootspassagen

Zum Scheitern der Schnell-Abschiebungen nach Albanien

Wenn konservative Politiker_innen gegen die Bootspassagen im Ärmelkanal argumentieren, suggerieren sie gern, diese seien illegal. Rechtlich ist diese Behauptung unzutreffend. Vor einigen Tagen hat auch die britische Regierung eingeräumt, dass Bootspassagen von Asylbewerber_innen legal sind. Hintergrund dieses Eingeständnisses ist ein Versuch des britischen Innenministeriums, die Abschiebung albanischer Bootspassagier_innen zu beschleunigen, nachdem ihr Anteil an den Channel migrants in diesem Jahr zugenommen hat (siehe hier). Dieser Versuch ist nun weitgehend gescheitert.

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Deportationen nach Ruanda vorläufig gestoppt

Für den gestrigen 14. Juni 2022 hatte die britische Regierung den ersten Flug angesetzt, mit dem illegalisierte Geflüchtete im Rahmen des britisch-ruandischen Migrationsdeals deportiert werden sollten. Wäre es dazu gekommen, so wäre dies ein Novum in der europäischen Migrationspolitik gewesen. Doch obschon internationale Medien bereits gemeldet hatten, dass der Abschieflug plangemäß durchgeführt werde, fand er nicht statt. Entscheidend dafür war eine Eilentscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Klagen mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen, darunter Cafe4Calais, waren also erfolgreich, wenngleich dies nicht bedeutet, dass die britische Regierung nicht weitere Anläufe versuchen wird, um Channel migrants allein wegen ihrer Einreiseform aus dem britischen Asylsystem auszuschließen und unabhängig von ihrer Nationalität nach Ruanda zu deportieren. Ob sich der Ruanda-Deal also in die Reihe gescheiterter Verschärfungen der britischen Grenzpolitik einreihen wird, muss also vorerst offen bleiben. Wir dokumentieren im Folgenden eine Erklärung, die Care4Calais heute über den Stopp der Deportationen veröffentlicht hat:

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„We are going to kill ourselves“

Videobotschaft eines syrischen Geflüchteten, veröffentlicht von der Initiative Led By Donkeys am 10. Juni 2022. (Quelle: Led By Donkeys / YouTube)

In der oben stehenden Botschaft berichtet ein Syrer über die Gewalt, die er im Krieg erlebte, auch und vor allem durch Russland. Er spricht vom Verlust enger Angehöriger, von Gefangenschaft, der Überquerung zweier Meere und der Empathie, die er für Geflüchtete aus der Ukraine empfindet. Sodann beschreibt der Mann seine Erschütterung, als er sich nach der Ankunft in Großbritannien in Haft wiederfand und erfuhr, dass er nach Ruanda deportiert werden solle. Er spricht von Angst und Schlaflosigkeit im Brook House Immigration Removal Centre am Gatwick Airport – und einem Entschluss: „If they try to deport us to Rwanda, we all are going to kill ourselves.“ Seine Botschaft, die aus Furcht vor Repressalien von einem Schauspieler nachgesprochen ist, wurde vier Tage vor dem geplanten ersten Abschiebeflug – dieser soll am 14. Juni stattfinden – von der Gruppe Led By Donkeys veröffentlicht, die gern mit satirischen Mitteln arbeitet. Aber dies hat nichts mit Satire zu tun.

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Der aktuelle Stand des Ruandisch-Britischen Migrationsdeal

Am 13. April 2022 wurde das „Memorandum of Understanding“ zwischen Ruanda und Großbritannien unterschrieben, welches es Großbritannien erlaubt, Migrant_innen die dort um Asyl ersuchen, ohne weitere Prüfung nach Ruanda zu bringen. Wie die britische Innenminister Pritil Patel am 31. Mai 2022 ankündigte, soll der erste Abschiebeflug mit Menschen, die „illegal“ in das Vereinigte Königreich eingereist sind, am 14. Juni 2022 erfolgen.

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„They’re sending me to Rwanda“

Im Rahmen ihrer politischen und juristischen Intervention gegen die Politik der britischen Regierung, Geflüchteten der Kanalroute das reguläre Asylverfahren zu verweigern und sie stattdessen nach Ruanda abzuschieben, veröffentlichte Care4Calais am 24. Mai 2022 den Text eines sudanischen Geflüchteten namens Nadir. Dieser blickt auf die Durchquerung Libyens, des Mittelmeers und des Ärmelkanals zurück und beschreibt, wie er in Großbritannien inhaftiert und ihm mitgeteilt wurde, dass er nach Ruanda ausgeflogen werden soll. Medienberichten zufolge soll die Situation, die Nadir erlebt, für die zur Abschiebung nach Ruanda vorgesehenen Menschen zur Norm werden, allerdings scheinen die Behörden momentan nicht damit zu rechnen, dies in großem Umfang auch umsetzen zu können. Nadirs Text zeigt, was dies für die Betroffenen bedeutet. Wir dokumentieren seinen Text im englischen Original:

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Die Bootspassagen und das Ruanda-Programm

Ablegestelle der Boote: Die Slack-Dünen bei Wimereux zwischen Calais und Boulogne-sur-mer, März 2022. (Foto: Th. Müller)

Zwischen der Unterzeichnung der britisch-ruandischen Vereinbarung zur zwangsweisen Umsiedlung von Asylsuchenden am 13. April und der Verabschiedung des verschärften Einwanderungsgesetzes am 27. April (siehe hier und hier) sank die Zahl der Bootspassagen auf der Kanalroute von 651 Passagieren (13. April) auf Null zwischen dem 20. und 30. April. Dieser Rückgang war offensichtlich witterungsbedingt, doch kam er der britischen Regierung gelegen, suggerierte er doch eine unmittelbare abschreckende Wirkung der geplanen Ruanda-Abschiebungen. In der Tat lösten die Pläne der Regierung Ängste aus, doch bedeutet dies keineswegs, dass sie die Bootspassagen des Ärmelkanals stoppen werden. Die Zahl der Passagen liegt in den ersten vier Monaten dieses Jahres bislang um das Dreifache höher als im Vorjahreszeitraum und eine Umfrage unter Geflüchteten in Calais und Dunkerque ergab, das die Mehrzahl von ihnen trotz des Ruanda-Programms die Bootspassage versuchen wird. Auch das Programm selbst lässt sich nicht so schnell realisieren, wie es die Regierung angekündigt hatte. Die juristische Anfechtung zeigt Wirkung.

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Aus für Pushbacks im Ärmelkanal

Tweet der Gewerkschaft PCS zum Erfolg der Klage gegen Pushbacks, 25. April 2022 (Quelle: PCR Union / Twitter).

Wie die Public and Commercial Services (PCS) Union, Care4Calais, Channel Rescue und Freedom from Torture am heutigen 25. April 2022 mitteilen, hat die britische Regierung ihr Vorhaben aufgegeben, die Boote von Geflüchteten im Ärmelkanal gewaltsam zurückzudrängen. Die vier Organisationen haben damit einen bedeutenden menschenrechtspolitischen Erfolg erzielt: Denn im Zuge ihrer gemeinsamen Klagen gegen die seit Spätsommer 2021 vorbereiteten Pushbacks war ans Licht gekommen, dass die Regierung frühzeitig darüber informiert war, dass sie diese Maßnahme aus rechtlichen Gründen nie gegen Asylbewerber_innen würde anwenden können. Dennoch hielt sie an ihrem Vorhaben fest und täuschte darüber hinaus gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit vor, im legalen Rahmen – wenn auch unter eng umrissenen Bedingungen – solche Pushbacks durchführen zu können. Eine Woche vor der Anhörung des Falls vor dem High Court teilte die Regierung nun mit, dass sie ihre bisherige Pushback-Politik aufgegeben hat.

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Calais

Die Ukraine und Calais (2)

[Updated, 14. März 2022] Nach wie vor verweigert die britische Regierung Geflüchteten aus der Ukraine ein Visum, sofern diese nicht eng gefasste Kriterien erfüllen (siehe hier). Anfang März ist eine kleine Zahl ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Calais angekommen, die binnen weniger Tage auf einige hundert Personen zunahm. Wie dokumentieren im Folgenden einen Artikel von Care4Calais und Statements anderer Gruppen über die aktuelle Situation. Wie auch andere lokale Organisationen, etwa l’Auberge des migrants und Utopia 56, weist Care4Calais auf eine Doppelmoral der Behörden hin. Denn vor dem Hintergrund der transnationalen Solidarisierung gegen den russischen Überfall auf die Ukraine zeigt sich eine Selektivität der Hilfe: Während die Unterpräfektin und die Bürgermeisterin von Calais umgehend eine Unterbringung ukrainischer Geflüchteter in Hotels und einer Jugendherberge in Aussicht stellten, gilt dies für Geflüchtete aus anderen, nichteuropäischen Kriegsgebieten nicht; ihre Camps werden vielmehr weiterhin massiv unter Druck gesetzt. Die lokale Migrationspolitik unterscheidet damit scharf zwischen Geflüchteten, für die aktive Hilfe mobilisiert wird, und Geflüchteten, denen zu helfen öffentlich diskreditiert, aktiv behindert und seit anderthalb Jahren sogar als Ordnungswidrigkeit bestraft wird (siehe hier). Hierin zeigen sich sicherlich tief sitzende rassistiche Denk- und Handlungsmuster, und vermutlich geht es auch darum, in der jetzigen politischen Situation keine Bilder ukrainischer Geflüchteter in den Calaiser Camps entstehen zu lassen. Dass die Behörden eine kleine Anzahl von Geflüchteten nun überhaupt menschenwürdig unterbringen, ist natürlich vollkommen zu begrüßen. Es sollte jedoch zum Nukleus einer menschenwürdigen Unterbringung aller werden.