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Dunkerque & Grande-Synthe

Der Mann mit dem Messer

Die Zunahme der Bootspassagen, die tödliche Havarie am 24. November und der Hungerstreik vom 11. Oktober bis zum 17. November haben die Lage der Exilierten verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Mehrfach äußerte sich der französische Innenminister Gérald Darmanin in diesem Kontext zu Gewaltvorwürfen gegen staatliche Behörden, die er teils bestritt und teils relativierte. In einer parlamentarischen Anhörung äußerte er sich am 7. Dezember nun auch zum Zerschneiden von Zelten, das bei Räumungen in Grande-Synthe seit einem Jahr wiederholt dokumentiert worden ist. Ein Mitarbeiter einer Reinigungsfirma wurde dabei zum Bauernopfer.

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Channel crossings & UK Dunkerque & Grande-Synthe

Frontex in Calais: Symbolpolitik statt Seenotrettung?

In der Politik gegenüber den Exilierten in Calais und der Region ist nach dem Ende des Hungerstreiks vor drei Wochen und des Schiffsunglücks mit mindestens 27 Toten vor gut zehn Tagen keinerlei Kurswechsel erkennbar. Der Einsatz des von Frontex bereitgestellten Aufklärungsflugzeugs scheint – bei aller Unsicherheit, die langfristige Strategie aus bisher zwei Einsätzen abzuleiten – vor allem der Symbolpolitik zu dienen.

Screenshot aus ads-b.nl für den Flug vom 3. Dezember 2021.
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Calais

Ende des Hungerstreiks – Demonstration in Paris am 21.11.

Nach 37 Tagen beendeten Anaïs Vogel und Ludovic am 17. November ihren Hungerstreik in der Calaiser Kirche Saint-Pierre. Gleichzeitig riefen sie dazu auf, den Kampf gegen die inhumane Behandlung der Exilierten fortzuführen, etwa durch eine Demonstration in Paris. Wir dokumentieren die Pressemitteilung der beiden Aktivist_innen in eigener Übersetzung:

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Channel crossings & UK

Härteres Grenzregime, zahlreiche Crossings

Training für Pushbacks im Ärmelkanal, September 2021 (Foto: Channel Rescue)

[Updated, 12. November 2021] „Es sieht so aus, als würden sie das Boot vom Heck und vom Bug aus anschieben, und ich vermute, dass die Idee dahinter ist, sie zurück in französische Gewässer zu schieben.“ Mit diesen Worten zitierte der Guardian am 10. Oktober eine Beobachtung, die Mitglieder von Channel Rescue in den vorausgegangenen beiden Wochen von der Steilküste in Dover aus gemacht hatte. Die Bericht ließ vermuten, dass die britische Border Force begonnen habe, die im September angekündigten Pushbacks – offiziell als turnaround-Taktik bezeichnet – tatsächlich durchzuführen (siehe hier und hier). Auch wir übernahmen diese Sicht in der ursprünglichen Version dieses Textes, doch teilte Channe Rescue auf Nachfrage mit, dass es keine wirklichen Belege für Pushbacks seit den Trainings im September gibt. Im gleichen Zeitraum aber griffen die französischen Behörden an der Nordküste ihres Landes zu neuen Maßnahmen wie Kontrollen an der belgischen Grenze und einer schwimmenden Barriere in einer Wasserstrasse. Und erstmals wurde ein Fall bekannt, bei dem ein ablegendes Boot beschossen worden sein soll. Gleichwohl wird die Kanalroute trotz des beginnenden Herbstes weiterhin stark frequentiert: Seit Jahresbeginn haben inzwischen mehr als 18.000 Migrant_innen den Kanal in Booten durchquert.

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Calais Dunkerque & Grande-Synthe

„Erzwungenes Elend“: Ein Bericht von Human Rights Watch

Die menschenrechtspolitische Auseinandersetzung mit der Situation der Exilierten in Nordfrankreich ist ebenso alt der gescheiterte Versuch, die undokumentierte Grenzpassage von Migrant_innen dort zu unterbinden. Neben anderen internationalen, nationalen und lokalen Organisationen beschäftigt sich Human Rights Watch (HRW) seit Längerem mit dieser Thematik. Nach dem 2017 vorgelegten Bericht „Like Living in like in Hell“ hat die Organisation am im Oktober 2021 einen weiteren Bericht vorgelegt: Enforced Misery. The Degrading Treatment of Migrant Children and Adults in Northern France.

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Calais

Die Demonstration der Exilierten

Protest gegen die tödlichen Konsequenzen der Grenze: Demonstration in Calais, 8. Oktober 2021. (Foto: Julia Druelle)

Am 8. Oktober demonstrierten etwa 200 bis 300 Menschen in der Innenstadt von Calais. Es war der größte von Exilierten organisierte öffentlich Protest seit Langem, und seine politische Bedeutung reichte weit über den Anlass, nämlich den Tod von Yasser Abdallah, hinaus. Denn es ging gleichermaßen um die generelle Situation der Exilierten in Calais und um die strukturelle wie physische Gewalt, der sie dort ausgesetzt sind. Wenige Tage später, am 11. Oktober, sollten in Calais drei französische Aktivist_innen aus Solidarität mit den Geflüchteten in einen Hungerstreik treten, worüber wir noch berichten werden.

Wir dokumentieren die Demonstration anhand von Bildern der Calaiser Fotografin Julia Druelle und geben im Anschluss daran einen Redebeitrag der Exilierten wieder.

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Calais

Protest der Exilierten in Calais

Aufruf zur Demonstration in Calais.

Nach dem Tod des jungen Sudanesen Yasser bei einer versuchten Grenzpassage per Lastagen am 28. September 2021 (siehe hier) rufen Exilierte gemeinsam mit solidarischen Akteur_innen für den heutigen 8. Oktober zu einer Demonstration in der Calaiser Innenstadt auf. Ihr Aufruf lautet: „We were patient with the suffering and tragedies that we live until we ran out of patience, so have decided to have a demonstration. We will protest against injustice and the absence of mediatisation of our situation and wish to defend our rights, our lost rights, and the right of the pure soul that was killed without guilt in the past days.“ Außerdem veröffentlichten Geflüchtete in Calais eine Erklärung, in der sie ihre Situation darlegen und auf die Gewalt eingehen, die ihnen durch Polizei und Lkw-Fahrer widerfährt. Wir dokumentieren die Erklärung im Folgenden:

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Benelux & Deutschland Dunkerque & Grande-Synthe

Mawda-Prozess wird fortgesetzt

Das Foto der zweijährigen Mawda wurde zum Symbol des in Belgien viel beachteten Falles von Polizeigewalt. (Foto: privat)

[Mit einem Update zum Prozessausgang] Am 30. September und 1. Oktober 2021 wird der ‚Mawda-Prozess‘ vor dem Berufungsgericht im belgischen Mons fortgesetzt. Ein Teil dieses Falles wird neu verhandelt, nachdem der Polizeibeamte, der das Kind während eines Polizeieinsatzes getötet hatte, gegen seine Verurteilung zu einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 400 Euro Berufung eingelegt hat.

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Calais

Wasser ist politisch (2)

Auseinandersetzung um einen Wassertank in Calais. (Video: Taramis News / YouTube)

Als das Calais Food Collective am 18. August 2021 einen Tank zur Versorgung eines Camps in der Calaiser Nachbargemeinde Coquelles mit Trinkwasser aufstellte, dauerte es einen Tag, bis ein Polizist den Behälter durch einen Schnitt sabotierte. Drei Wochen später blockierte die Gemeinde die Zufahrt, die für das tägliche Befüllen des Behälters benutzt wird, mit schweren Felsklötzen (siehe hier). Die groteske Auseinandersetzung um den Tank, der für die rund 600 bis 700 Bewohner_innen des Camps die einzige Trinkwasserquelle ist, geht weiter.

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Calais

Urteil im Fall Ciotkowski

Ausschnitt aus dem Video, das zur Verurteilung des CRS-Polizisten führte (Quelle: Amnesty International)

Tom Ciotkowski aus dem britischen Stratford-upon-Avon war am 31. Juli 2018 als Freiwilliger in Calais tätig, als er Opfer ein Polizeiübergriffs wurde. Zunächst selbst angeklagt, stellte sich bei seinem Strafprozess am 22. Juni 2019 heraus, dass die Anklage auf Falschaussagen von drei CRS-Beamten beruhte. Videoaufnahmen zeigten nämlich, wie er selbst von einem Polizisten über die Leitplanke einer Autobahnauffahrt gestoßen wird und auf die Fahrbahn fällt, wo gerade ein Lastwagen entlang fährt. Im vergangenen Jahr begann dann das Strafverfahren gegen die Polizisten (siehe hier), in dem das zuständige Gericht in Boulogne-sur-Mer nun sein Urteil verkündet hat: 18 Monate Haft auf Bewährung und ein zweijähriges Berufsverbot für den hauptverantwortlichen CRS-Oberbrigardier Laurent M.